Die Ausstiegshaltestelle vom Bus wird zum Startpunkt der Wanderung auf den Berg, wie hier auf das Kammerlinghorn in den Berchtesgardener Alpen.

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Die Anreise zum Berg kann auch umweltfreundlich am Bahnsteig statt im eigenen Auto beginnen.

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Volle Parkplätze, hohe Spritpreise und eine wenig umweltfreundliche Anreise – so müssen Wandertouren nicht mehr eingerahmt sein. Auch wenn es gemeinhin nach wie vor heißt: "Bergsport ist Motorsport" – mittlerweile ist die öffentliche Anfahrt eine echte, weil bequeme und entspannte Alternative für alle, die auch beim Weg zum Berg ein wenig mehr auf die Umwelt achten wollen.

Manche Touren lassen sich sogar besser mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Überschreitungen mit unterschiedlichen Start- und Endpunkten sind wie geschaffen für Zug- und Busanfahrt, schließlich müssen die Wanderer und Wanderinnen so nicht zurück zum Auto. Anstatt auf derselben Route wieder zurückzugehen, kann man zwei verschiedene Wege erkunden oder ganze Gebirge überqueren. Bekannte Gipfelziele zeigen durch die Öffi-Anreise oft eine neue Seite abseits der ausgetretenen Pfade. Natürlich sind einige Berge mit den Öffis nicht zu erreichen, andere nur in der touristischen Sommersaison mit Wanderbussen oder -taxis. Aber ein Check zeigt: Es geht schon sehr viel.

Ich zuugle das mal

Das wollen auch Martin Heppner und Veronica Schöll beweisen, die vor zwei Jahren den Verein Bahn zum Berg gegründet haben. Ihr Ziel ist es, nachhaltige Mobilität bei der Anreise zu Outdooraktivitäten zu fördern und sichtbar zu machen. Der gemeinnützige Verein hat ein gleichnamiges Öffitourenportal, auf dem bereits rund 50 ehrenamtliche Tourenreporter aus verschiedenen Bundesländern und dem angrenzenden Bayern ihre Bergerlebnisse mit Bahn- und Busanfahrt beschreiben.

Seit 30. April ist mit Zuugle sogar eine eigene Suchmaschine online, die den Umstieg auf Öffis beim Bergsport erleichtern soll. Entwickelt wurde Zuugle – eine Wortneuschöpfung aus Zug und Google – von Bahn zum Berg, finanziell unterstützt vom Klimaschutzministerium. Die Suchmaschine zieht Touren von unterschiedlichen bestehenden Tourenportalen, wie etwa Bergfex, Bahn zum Berg, Höhenrausch oder Gamssteig, ab und verknüpft sie mit den verfügbaren öffentlichen Verbindungen. So werden Bergtouren, die meist erst am Wanderparkplatz starten, zu richtigen Öffitouren. Denn oft braucht es nur ein paar Gehminuten mehr von einer Haltestelle zum Ausgangspunkt.

3000 Bergtouren, die mit Bahn und Bus erreichbar sind, sind derzeit auf Zuugle zu finden.

Zum Start wurden vorerst 3000 Touren in Österreich und Bayern freigeschaltet. Die Suchmaschine soll dann schrittweise auf den deutschsprachigen Alpenraum ausgebaut werden. Der Algorithmus berechnet die Hinfahrt zu den Touren mit möglichst kurzer Anreisezeit, wenigen Umstiegen und möglichst vielen Rückfahrtsmöglichkeiten. "Denn man ist ja unterschiedlich schnell unterwegs. Der Supersportler, der das zum Training macht, allein unterwegs ist und schnell einmal den Berg rauf- und wieder runterläuft, wird wahrscheinlich weniger Zeit brauchen als Familien mit Kindern", erläutert Bahn-zum-Berg-Obmann Heppner. Bis Ende des Jahres sollen weitere Portale angebunden und so die Tourenanzahl ausgebaut werden. Die gefundenen Öffitouren können inklusive Anreise als PDF heruntergeladen werden.

Einfach ausprobieren!

"Mir war es wichtig, zu zeigen, dass es möglich ist. Ich bin aus Kärnten und habe dort immer gehört: ‚Nein, das geht nicht, öffentlich in die Berge zu fahren.‘ Zuugle ist nun meine Antwort darauf", sagt Heppner. Wer der Meinung ist, die Öffi-Anreise zu Bergtouren und Wanderungen sei nicht möglich, sollte es einfach einmal ausprobieren.

Mitglieder des Salzburger Alpenvereins oder der Naturfreunde können sich dazu das Klimaticket für ein Wochenende kostenlos ausborgen. Die übertragbaren Salzburger Klimatickets plus können telefonisch oder über das Onlineverleihprogramm auf der Internetseite des Alpenvereins Salzburg oder der Naturfreunde reserviert werden.

Das Ticket kann für maximal drei Tage ausgeliehen werden, am Wochenende und an Feiertagen fährt eine zweite Person gratis mit. Das gilt auch für alle im Familienpass eingetragenen Kinder bis 14 Jahre und einen Hund. Auch Fahrräder können in den Nahverkehrszügen der ÖBB in Salzburg gratis mitgenommen werden, ein Service, der sich vor allem für Bike-&-Hike-Touren anbietet, bei denen lange Talstrecken schneller mit dem Rad zurückgelegt werden können.

Benzin-Frei-Tage

Zum Testen von Öffiwanderungen eignen sich auch die Benzin-frei-Tage. Bis einschließlich 24. Juni sind jeden Freitag alle öffentlichen Verkehrsmittel im Land Salzburg gratis. Da geht sich eine Afterworktour in den Salzkammergutbergen oder auf den Nockstein mit dem Bus aus. Möglich macht die Aktion eine Sonderförderung des Klimaschutzministeriums, initiiert wurde sie vom Land Salzburg und dem Salzburger Verkehrsverbund.

Die vollen Busse am Freitag und die Wartenden an den Haltestellen etwa beim Gaisbergbus zeigen, wie gut der kostenlose Tag angenommen wird. Kein subjektives Gefühl, das belegen auch die Zahlen: Bereits nach zwei Wochen stieg die Auslastung in manchen Verbindungen um rund 20 Prozent an. Auch wenn diese Sofortmaßnahme nur ein Anreiz ist, um einmal umzusteigen.

Eine langfristige Maßnahme, damit Menschen im Freizeitverhalten auf Busse und Züge umsteigen, ist der Ausbau des Angebots. Denn der Takt der Öffiverbindungen ist vielerorts am Wochenende, wenn die meisten Berufstätigen Zeit fürs Wandern hätten, leider ausgedünnt. Bei der Gestaltung der Route von Öffitouren ist es daher wichtig, den besseren Takt als Endpunkt zu wählen, damit die Bergsteiger nicht ewig auf den nächsten Anschluss warten. Doch es geht auch anders: Der Bus der Linie 150 von Salzburg nach Bad Ischl ist dafür ein Paradebeispiel. Nach jahrelangem Ärger wegen überfüllter Busse wurde der Takt auf jede halbe Stunde verdichtet. Ein Erfolg: Die Linie entlang des Fuschl- und Wolfgangsees wird neben Wanderern und Pendlern auch von Touristen stark genutzt.

Takt, Takt, Takt

Auch in die Faistenau wurde die Busverbindung seit Dezember ausgebaut. Die Linie 155 fährt nun jede halbe Stunde statt bisher alle zwei Stunden. Stündlich gibt es zudem einen Anschlussbus in die Tiefbrunnau und nach Lämmerbach – Ausgangspunkte für viele Wanderungen in der Osterhorngruppe. Für die Wanderparkplätze wird dort dafür nun eine Gebühr von sieben Euro fällig. Durch die Busaufstockung haben die Gemeinden Hof und Koppl mit einem Anschluss alle 15 Minuten bereits einen besseren Takt als so manche Stadtbuslinie.

Die alpinen Vereine setzten neben dem Klimaticket-Verleih weitere Initiativen: Einige Tourenführer bieten ihre Wanderungen nur mit öffentlicher Anreise an, auch in den Jugendgruppen wird vermehrt umgestiegen, und eigene Öffitourenhefte sind zu bestellen. Auch Verkehrsunternehmen und Tourismusregionen haben die Öffiwanderer längst für sich entdeckt und bieten den Gästen bereits eigene Touren auf Portalen und teils kostenlose Öffitickets an. Das Kombiticket "Im Nightjet in die Berge" von ÖBB und Tirol Werbung bringt Urlauber im Sommer im Nightjet in zahlreiche Tiroler Tourismusregionen.

Mit diesen vielen kleinen Ansätzen wird der Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel auch beim Bergsport immer einfacher, auch wenn noch viel Luft nach oben ist. (Stefanie Ruep, 5.5.2022)