In den Laboren der Ages wurden die Fleischproben auf antibiotikaresistente Keime hin untersucht.

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Der Virologe und Umweltmediziner Hans-Peter Hutter spricht von einem ernsten Problem, das mit den Fleischproben dokumentiert wurde.

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Die Bilder aus einem katastrophalen Kärntner Schweinemastbetrieb noch vor Augen, in dem die Tiere verkrüppelt, blind von den Gülledämpfen und mit faustgroßen Geschwülsten am Körper auf Betonspaltenböden dahinvegetieren, liefert jetzt Greenpeace eine Untersuchung von 24 Fleischproben aus österreichischen Supermärkten nach.

Es wurde konventionell produziertes Fleisch gekauft und in den Originalverpackungen – gekühlt – in die Labors der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) gebracht. Das Augenmerk der Analysen lag vordringlich auf den in der Intensivtierhaltung in massiven Mengen eingesetzten Antibiotika.

Alle Putenproben positiv

Dementsprechend wurden die Fleischproben (vom Schweinsschnitzel über Putenfleisch bis zum Faschierten) auf multiresistente Keime überprüft. Das Fazit: Neun der 24 Proben waren mit bereits resistenten Keimen belastet. Bei Schweinefleisch waren vier von 14 Produkten belastet, beim Hühnerfleisch war eine Probe von sechs positiv. Besonders auffällig war Putenfleisch: Hier fanden sich in allen vier untersuchten Fleischwaren multiresistente Erreger.

Der Test offenbarte auch, dass das AMA-Gütesiegel keine Garantie gegen resistente Keime im Fleisch bietet. Von den 16 AMA-Gütesiegel-zertifizierten Produkten waren sechs positiv. Das Problem dieser Keime ist rasch darstellbar: Eine schlechte Tierhaltung führt in der Regel zu kranken Tieren, und diese müssen in der Folge mit einem hohen Einsatz von Antibiotika behandelt werden. Gleichzeitig werden immer mehr Bakterien gegen diese Medikamente, die auch in der Humanmedizin eingesetzt werden, immun.

Mit Abstand am meisten Antibiotika werden in der Schweinezucht eingesetzt. 73,4 Prozent aller in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung eingesetzten Antibiotika landen nach Greenpeace-Berechnungen in den Schweinetrögen.

Virologe Hutter: Ein ernstes Problem

Der Einsatz von Antibiotika zur Bekämpfung von Krankheiten bei Schweinen, Geflügel und Rindern ist in der industriellen Landwirtschaft nicht die Ausnahme, sondern eben Teil des Massentierhaltungssystems, worauf auch der Wiener Virologe und Umweltmediziner Hans-Peter Hutter hinweist. "Irgendwann während des Produktionsprozesses müssen diese resistenten Keime ins Fleisch gekommen sein, und das ist wirklich hochproblematisch. Es ist ein sehr ernstes Problem", sagt Hutter im Gespräch mit dem STANDARD. "Man darf nicht vergessen, dass Antibiotika ein Grundstein in der Behandlung von Infektionen sind, und wenn man dann zum Beispiel in der Intensivstation behandelt wird und das erste, das zweite und schließlich das Reserveantibiotikum nicht greift: Wer will das schon erleben? ", warnt Hutter.

Fleisch zu billig

Für Konsumentinnen und Konsumenten sei jedenfalls bei der Zubereitung von Fleisch besondere Hygiene ratsam. Denn die Keime können vom rohen Fleisch in den Körper – etwa über Wunden oder die Schleimhäute – gelangen. Und wenn es resistente Stämme sind, wird eine Infektionsbehandlung umso komplizierter.

Übergeordnet sei es notwendig, den Fleischkonsum zu reduzieren, was auch Auswirkungen auf die Massenproduktion habe. "Fleisch ist einfach, das kann nicht oft genug gesagt werden, zu billig." Und das stehe eben in direktem Zusammenhang mit der hochproblematischen Massentierhaltung – bis hin zur Problematik der antibiotikaresistenten Keime im Fleisch. (Walter Müller, 5.5.2022)