Die Germanistin Barbara Dvoran geht im Gastblog auf eine sprachliche Entdeckungsreise.

Es ist spannend zu beobachten, wie Wörter und unter ihnen vor allem (Eigen-)Namen aus anderen Sprachen und Ländern schriftsprachlich umgesetzt werden. Dabei sticht für mich Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (B/K/S) und Montenegrinisch besonders hervor. Hier lautet das sympathische Credo: "Schreib, wie du sprichst". Während die Grammatik für Lernende zum Verzweifeln ist und auch mit einem recht sattelfesten Vokabular ohne das grammatikalische Wissen kein korrekter Satz gebildet werden kann, so sind Wörter sehr gut lesbar. Die richtige Aussprache beim Lesen stellt für Lernende keine größere Schwierigkeit dar.

In Zagreb, das geschichtlich besonders viel deutschsprachigen Einfluss erlebt hat, las ich im Lokal auf einem Schild zur Getränkeauswahl "Gmišt" und "Špricer". Germanismen lassen sich sehr viele finden. Auch meine Freundin aus Bosnien erzählt, ihre Mutter verwendete schon in den 80er-Jahren einige Wörter, von denen sie selbst erst Jahre später, nach ihrer Ankunft in "Beč" (Wien) erfuhr, dass sie aus dem Deutschen kommen.

Kürzlich erhielt ich ein Foto eines Wäschegeschäfts in Serbien mit dem Schild: "Veš". Wir kennen in Österreich die "Wäsch'". Allerlei Praktisches gibt es darüber hinaus: Reißverschluss: "rajsferšlus" und Schraubenzieher: "šrafciger". Der österreichische Kronleuchter, also der Luster, wird mit stärkerer "r"-Aussprache zu "luster". Die Palatschinken haben wir wiederum eingedeutscht.

Zum Thema Schreibweise gibt es auch eine unterhaltsame Aufzählung, die zeigt, wie diverse Sprachen in Europa "Sandwich" schreiben – alle, wie auch das Deutsche, sehr ähnlich dem Original: "sandwich", "sándwich" und so weiter. Und B/K/S? Ganz einfach: "sendvič". Falls auch Sie jetzt Hunger bekommen haben, es gäbe auch noch "pomfrit". "Ekstra!" (Super!)

Geschrieben wie gesprochen: Somit wird aus Freud "Froid".
Foto: imago images / United Archives International

Wie ist das in der hebräischen Schrift?

Das Lesen der hebräischen Schrift ist im Gegensatz dazu sehr herausfordernd, und sobald mein Lernbuch dazu übergeht, die Vokale nicht mehr anzuzeigen (zu punktieren), komme ich beim Lesen bei vielen Wörtern ins Schwitzen. Für fremdsprachige Wörter aus dem Deutschen oder Englischen, die verschriftlicht werden, gelten einige Regeln. Zum Beispiel wird für das "A" ausschließlich der Buchstabe Alef und nie Ayin verwendet. Sonst wird zum Glück jedoch geschrieben, wie gesprochen wird. Der Psychologe Freud wird somit zu "Froid" – פרויד. Auch im Deutschen würde in diesem Fall diese Schreibweise Sinn machen, unsere Sprache nahm jedoch sprachgeschichtlich einen anderen Weg.

Französische und englische Begriffe daten einander im Deutschen

Apropos Freud: Freud'sche Versprecher, also Freud'sche Fehlleistungen, können besonders leicht während einer romantischen Verabredung passieren. Aus dem "Rendezvous" ist mittlerweile das "Date" geworden, und es wurde auch verbalisiert zu "daten". Schade um das Rendezvous eigentlich, denn das gibt es fachsprachlich sogar in der Raumfahrt bei der Ankopplung zweier Fahrzeuge. Und sowohl dieser Begriff als auch das etwas in Vergessenheit geratene "Tête-à-Tête" können im Original, im Französischen, auch ohne romantische Bedeutung verwendet werden.

Im deutschen Sprachraum wurde aber, was sprachlich häufig geschieht, nur ein kleiner semantischer Bereich des Wortes, jener der romantischen Verabredung, übernommen. Für Treffen sagen wir im geschäftlichen Sinne hingegen immer öfter Meeting. Französisch dürfte uns romantischer, Englisch fürs Business geeigneter erscheinen. Das Schreiben von Wörtern französischen Ursprungs ist jedenfalls damals wie heute eine "Challenge" (Österreich-Englisch sprich: "Tschällensch").

Was bedeutet der Zusammenhang von Schrift und Sprache nun im Alltag für das Schreiben? In den südslawischen Sprachen wird man mit großer Wahrscheinlichkeit das Wort richtig schreiben beziehungsweise transkribieren, auch wenn es unbekannt ist und zum allerersten Mal gehört wird. Im Hebräischen ist das aufgrund der Vokale bereits etwas schwieriger, es wird wahrscheinlich jedoch ebenfalls gelingen. Im stark regulierten Deutschen hat man gute Chancen, aber bei Fremd- und Lehnwörtern keine Garantie, sie auf Deutsch richtig zu schreiben. Das Englische hingegen lässt die Sprecher allein. Good luck with that!

Bei Hörtexten mitschreiben – Great!

Der Diphtong /eɪ/, der von Varietät zu Varietät, also regional, ein wenig unterschiedlich ausgesprochen werden kann (innerhalb eines Dialekts aber auf dieselbe Art), kommt im Englischen zum Beispiel in der Schreibweise dieser Worte vor: face, main, eighty, straight, delay, great, they. Jene, die im Englischunterricht in der Schule wie ich mit stundenlangen, rauschenden Hörübungen mit vielen Hintergrundgeräuschen und nuschelnden Sprechern, der sogenannten Listening Comprehension, gequält wurden, können ein Lied davon singen. Es ist im Englischen äußerst schwierig, unbekannte Wörter zu verschriftlichen. Man könnte daraus eigentlich ein Pub-Quiz machen.

Wer französischsprachige Nachrichten liest, weiß in diesen Tagen auch, dass "Putin" dort "Poutine" geschrieben wird. Auch hier richtet sich also die Schreibweise nach der jeweiligen Aussprache, bei Eigennamen stellt das eine Besonderheit dar.

Schön die Augenblicke, in denen man sich echauffieren (vom französischem échauffer, erhitzen) darf über: falschgeschriebene Wörter, zu viele Anglizismen, zu viele Germanismen oder zu viele Französismen (gut, sie heißen Gallizismen) und die scheinbar unendlich vielen – es sind sieben – Fälle von B/K/S. Da wir durchatmen müssen, tut uns manchmal die gedankliche Beschäftigung mit dem Kleinen, dem "Pipifax" und "Schmonzes" doch im Herzen gut. Ich schließe mit einem Zitat aus der "Süddeutschen Zeitung" 1995: Und was den Laienlaboranten (im US-Englischen heißt der Laborassistent tatsächlich diener, wie verlockend) angeblich so aufgewühlt hat, ist dem Experten purer Pipifax. (Barbara Dvoran, 18.5.2022)