Wer sich um die Alten und Pflegebedürftigen in der Gesellschaft kümmert, sollte sich dafür kostenlos ausbilden lassen können, fordert die Caritas.

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Wien – Die Caritas hat am Donnerstag einmal mehr eine Attraktivierung der Pflegeberufe und eine Ausbildungsoffensive gefordert. "Wenn die Politik nicht endlich geschlossen und entschlossen handelt, dann bewegen wir uns von einer Pflegekrise auf eine Pflegekatastrophe zu", sagte Caritas-Präsident Michael Landau. Kritik kam auch von der Gewerkschaft und der Volkshilfe. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) kündigte an, die Pflegereform noch vor dem Sommer vorzulegen.

Landau forderte auf einer Pressekonferenz eine "Ausbildungsoffensive, die ihren Namen verdient und die den Fleckerlteppich gerade in der Ausbildung beseitigen kann". Gefordert sieht der Caritas-Präsident den Sozialminister: "Ich hoffe und ich wünsche, dass Minister Rauch derjenige sein wird, der vom Reden ins Tun kommt", sagte Landau mit Verweis darauf, dass es im Pflegebereich seit mittlerweile 16 Jahren Reformankündigungen gibt. "Wir müssen jetzt handeln, sonst ist es zu spät."

Kosten für Gratisausbildung "überschaubar"

Diejenigen Menschen, die sich für Pflege- und Sozialberufe interessieren, müssten der Gesellschaft auch etwas wert sein, betonte Landau. Einmal mehr erinnerte er daran, dass laut Berechnungen bis zum Jahr 2030 rund 100.000 Betreuungskräfte fehlen werden.

Um dem entgegenzuwirken, sollen sämtliche Ausbildungen im Pflege- und Sozialbereich bundesweit für die Auszubildenden kostenlos werden – sowohl in Fachhochschulen als auch in Schulen für Sozialbetreuungsberufe sowie sonstige Kurse, so die Caritas-Forderung. Diese Kosten seien für die Jobinteressierten eine "wesentliche Hürde". Die Ausgaben für die öffentliche Hand wären hingegen mit circa 11,3 Millionen Euro pro Jahr "überschaubar", der Nutzen aber groß.

Bonus für Auszubildende

Darüber hinaus müsse es einen finanziellen Bonus für die Auszubildenden geben – und zwar gestaffelt nach deren Lebenssituation, so Landau. Konkret sieht das Caritas-Modell einen Bonus von 500 Euro pro Monat für alle in Ausbildung vor. Für Um- und Quereinsteiger soll es 1.000 Euro geben, im Fall von Unterhaltspflichten 1.500 Euro. Einen Bonus will die Caritas auch für die Praxisanleitung: Um deren Qualität hoch zu halten, soll den Trägern ein Bonus von 180 Euro pro Praktikumsmonat und Auszubildendem zugestanden werden.

Die Kosten für die von der Caritas vorgeschlagene Ausbildungsoffensive bezifferte Landau mit insgesamt 193,7 Millionen Euro pro Jahr. Gefordert wurde von Landau auch finanzielle Unterstützung der Bundesregierung für Infrastrukturinvestitionen im Ausbildungssektor. Die Caritas-Schulträger rechnen laut der NGO mit einer Summe von 150 Millionen Euro.

Kritik von Gewerkschaft und Volkshilfe

Kritik an der Bundesregierung wegen "des seit Jahren anhaltenden Stillstands in der Pflegereform" übten am Donnerstag auch die Gewerkschaft Vida und die Volkshilfe. Die Bedingungen müssten sowohl für die zu pflegenden und zu betreuenden Menschen als auch für die Beschäftigten "dringend verbessert werden", sonst drohe das System zu kollabieren – ein Pflegenotstand würde eintreten, erklärten Vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit und Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger in einer Aussendung.

Auch sie forderten, dass "massiv mehr finanzielle Mittel und bezahlte Ausbildungsmöglichkeiten für die Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden". Nicht zuletzt bedürfe es auch angesichts der explodierenden Teuerung dringend mehr Wertschätzung in Form besserer existenzsichernder Ausbildungs- und Entlohnungsbedingungen für die Pflege-, Betreuungs- und Sozialberufe, forderten Hebenstreit und Fenninger bei der Tagung "Lehren aus der Pandemie für Pflege und Betreuung" in Wien. Es sei ihm "völlig unverständlich, dass die Politik noch immer nicht reagiert", so Fenninger.

Rauch verspricht Ausbildungsreform

Gesundheitsminister Rauch sagte zu den Forderungen, er sei bei der Pflegereform in der "Endphase der Verhandlungen" – "so viel kann ich verraten, das wird vor dem Sommer noch präsentiert werden". Und er gehe davon aus, "dass auch die Caritas dann sagen wird, 'Das ist die Reform, auf die wir gewartet haben'".

Rauch habe "enorm viel Arbeit hineingelegt, das jetzt auch auf den Boden zu bekommen", sagte er am Rande einer Pressekonferenz in Wien. Die Ausbildung sei ein wesentlicher Punkt der Reform. (APA, 5.5.2022)