Nur noch Englisch steht am Freitag an. Dann ist die erste Woche der Zentralmatura für die 46.000 Maturantinnen und Maturanten in Österreich gelaufen, und sie können – zumindest übers Wochenende – eine kleine Testpause einlegen. Denn vorbei ist für viele der schriftliche Teil der Abschlussprüfungen noch lange nicht. Der letzte reguläre Termin für rund 1050 Kandidatinnen in Italienisch ist am kommenden Donnerstag angesetzt.

Nach Mathematik stand am Donnerstag Deutsch auf dem Maturaplan. Den Abschluss macht diese Woche Englisch.
Foto: Foto: APA / Sebastian Kahnert

Bevor aber die lebenden Fremdsprachen an der Reihe sind, wurde am Donnerstag erst die Deutschmatura geschrieben. Das ist übrigens das einzige Fach, das nicht abgewählt werden kann: Jeder, der die Schule hinter sich lassen will, musste also eines von drei Themenpaketen auswählen und darin zwei schreiberische Aufgaben erfüllen.

Zwei Jahre Arbeit

Doch wie wird eigentlich entschieden, was die Jugendlichen am Ende der Schullaufbahn können müssen und was von ihnen abgefragt wird? Die Erstellung der Maturafragen ist ein aufwendiger Prozess. Zwei Jahre dauert es, bis es ein Beispiel ins Aufgabenheft der Reifeprüfung schafft, sagt Bernd Zisser. Der Leiter der Abteilung III/6 im Bildungsministerium – Standardisierte schriftliche Reifeprüfung – ist sozusagen Head of Zentralmatura.

In dieser Zeit passiert einiges. Am Beispiel der Deutschmatura steht am Anfang die Auswahl eines Textes, der von den Schülerinnen beackert werden soll. Vorschläge werden von Lehrenden eingebracht, die in der Klasse stehen und "am Zahn der Zeit" sind: "Die wissen, was sich tut", sagt Zisser. Worauf es sonst noch ankommt? "Der Text muss in der Lage sein, eine Schreibhandlung zu ermöglichen." Die Jugendlichen sollen dabei die in der Schullaufbahn erworbenen Fähigkeiten anwenden können. Das heißt: Der Text muss etwa Möglichkeiten zur Interpretation, Argumentation oder Einordnung bieten. Ausgewählt werden die Texte von Lehrenden aus verschiedenen Bundesländern und Schulformen.

Keine Tabuthemen

Ist ein Text gefunden, muss gecheckt werden, ob er sich auch tatsächlich für die Reifeprüfung eignet oder ob er "Tabuthemen" beinhaltet. "Das sind Themen, die für Kandidatinnen und Kandidaten verstörend sein könnten – etwa wenn ein Text den Bereich Missbrauch behandelt", sagt Zisser: "So etwas sollte nicht bei der Matura vorkommen – falls das jemandem widerfahren ist. Wir versuchen, hier sensibel zu sein." Wird der Text zugelassen, werden passende Aufgaben überlegt. Diese wandern anschließend in Peergroups mit erfahrenen Lehrkräften für Feedback und Verbesserungsvorschläge.

Insgesamt – also für die Aufgaben aller Maturafächer – sind rund 180 Personen an der Erstellung beteiligt – dazu zählen Lehrerinnen, Fachdidaktiker und Uni-Expertinnen. Die Endauswahl der Fragen liegt beim Bildungsministerium. Warum das alles so komplex ist? "Es ist uns wichtig, dass die Matura nicht im stillen Kämmerlein entwickelt wird", sagt Zisser.

Eine Stufe, die bei Deutsch übrigens ausgelassen wird: die Feldtestung. In Mathematik etwa werden Klassen ausgewählt, die kurz vor ihrer eigenen Matura Aufgaben für spätere Jahrgänge testen. So will man den Schwierigkeitsgrad messen. "Gibt es Beispiele, die von vielen nicht beantwortet werden, dann weiß man: Hier stimmt etwas nicht", sagt Zisser. Weil in Deutsch die Texte aber viel leichter zu merken sind und es nur eine kleine Anzahl an Aufgaben gibt, verzichtet man auf den Probedurchlauf. Denn: "Wenn man sich den Text merkt, kennt man die Matura."

Geheime Fragen

Diese soll bis zuletzt geheim bleiben – auch während der Matura soll nichts nach Außen dringen. Nach der sechsstündigen Prüfung stand fest: Heuer konnten die Schülerinnen aus den Paketen "Literatur, Kunst, Kultur", "Geschichte und Demokratie" und "Generation Smartphone" auswählen. In letzteren Themenfeld mussten die Jugendlichen zum einen kritischen Text über Smartphones analysieren zum anderen einen Kommentar über Körperbilder anhand der STANDARD-Geschichte über "Beauty-Apps: Die Macht der Influencer" verfassen. (Oona Kroisleitner, 5.5.2022)