Die Wohnversorgung in Österreich gilt im internationalen Vergleich nach wie vor als ausgezeichnet. Doch das ist ein schwacher Trost, wenn man gerade pandemiebedingt vor der Delogierung steht; oder wenn man als Alleinerzieherin oder auch als fünfköpfige Familie eine leistbare Wohnung in der Stadt sucht und nicht findet.

Um Delogierungen vorzubeugen, hat das Sozialministerium nun Geld für Unterstützung lockergemacht. Das ist gut, denn Delogierungen sind volkswirtschaftlich betrachtet extrem teuer. Doch das ist nur eine Symptombekämpfung, die Probleme am Wohnungsmarkt liegen tiefer. Es wurde zwar in den vergangenen Jahren so viel gebaut wie nie zuvor, doch vor allem deshalb, weil Wohnraum zur Ware wurde, zur "Assetklasse", wie das im Investorensprech so schön heißt. Wohnungen werden von internationalen Investoren und privaten Anlegern gekauft, und vor allem für Letztere ist dank stark steigender Immobilienpreise die Vermietung maximal zweitrangig.

Die Gier ist dabei zur Leitidee geworden: Anleger fragen Immobilien nach, die Bauträger bauen und verkaufen sie, der Grundriss der Wohnungen orientiert sich an dem, was für Anleger leistbar ist – und nicht für Mieterinnen und Mieter.

Auch Leerstandsabgaben werden sich laut Fachleuten nur geringfügig auswirken. Deshalb wäre es nun an der Zeit, die Frage zu stellen, für wen in diesem Land eigentlich gebaut wird. Ja, der soziale Wohnbau ist weiterhin sehr aktiv, doch die Schere zwischen gefördertem und freifinanziertem Wohnbau – übrigens nicht nur was die Kosten, sondern auch was die sozialen Qualitäten betrifft – geht immer weiter auf.

Viele Menschen finden in Wien derzeit keine leistbare Wohnung.
Foto: Rendering: Schreiner Kastler

Spezieller Markt

Wer in der Stadt wohnen möchte, sollte sich das auch leisten können; das wäre nicht nur aus sozialen, sondern auch aus klimaschutzpolitischen Erwägungen heraus notwendig. Dabei wäre es hoch an der Zeit, über die absurd hohen Grundstückspreise in Ballungsräumen zu sprechen. In manchen Bundesländern wird mit eigenen Widmungen für sozialen Wohnbau gegengelenkt, allerdings mit dem Effekt, dass Grundstücke für freifinanzierten Wohnbau teurer werden.

Doch warum muss es überhaupt ein Grundrecht darauf geben, sein bebautes oder unbebautes Grundstück zum höchsterzielbaren Marktpreis zu verkaufen? Grund und Boden sind nicht beliebig vermehrbar, und am Wohnungsmarkt ist ein neu entstandener Bedarf nur mit einer zeitlichen Verzögerung von mehreren Jahren zu stillen. Deshalb ist der Wohnungsmarkt ein sehr spezieller Markt, und er sollte auch so behandelt werden.

Die Grundstücke wären der wesentliche Hebel, um die Errichtungskosten im Neubau massiv zu senken. Dafür müsste man einerseits endlich in vernünftiger Weise über Enteignungen von Grundstücken diskutieren, denn jene sind derzeit auch für städtebaulich höchst sinnvolle Bauvorhaben nicht möglich. Andererseits sollten Grundstücke im Einflussbereich der öffentlichen Hand nicht mehr zu Höchstpreisen verkauft, sondern zum günstigen Baurechtszins vergeben werden. Hier wären Gesetzesänderungen notwendig, denn sonst setzt es Rüffel vom Rechnungshof.

Viel zu tun also für Wohnpolitiker auf Bundesebene. Doch insbesondere die ÖVP überlässt hier gerade den Ländern die Führungsrolle. Das ist keine gute Idee, denn dieses Land leidet schon jetzt unter ausuferndem Föderalismus. (Martin Putschögl, 5.5.2022)