Ein Garten ist schön – auch ohne ausgeprägten grünen Daumen.

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Man will es kaum glauben, aber vor zehn Jahren waren Gartenwohnungen in der Stadt noch fast Ladenhüter. Zu wenig Tageslicht, zu kalt und manchmal auch feucht – die Menschen zog es hinauf ins ausgebaute Dach. Das hat sich mittlerweile völlig umgedreht. Nicht nur wegen der immer heißer werdenden Sommer, die eine moderat temperierte Wohnung zum Sehnsuchtsort gemacht haben. Auch die Corona-Pandemie hat in vielen Menschen den Wunsch nach mehr Grün erweckt.

Blumen, Bienen, Liegestuhl

Ich nehme mich nicht aus, obwohl mein grüner Daumen noch sehr zu wünschen übrig lässt. Nein, keine Sorge, ich werde nicht plötzlich zum Einfamilienhaus-Fan, ich wohne weiterhin sehr gerne in der Stadt und sehe die Zersiedelung unseres Landes kritisch. Aber so ein eigener kleiner Flecken Gras mit Blumen und Bienen und einem Liegestuhl würde mir gefallen.

Daher habe ich vor einigen Monaten einen Hausbesitzer ums Eck angeschrieben, der einen winzigen, völlig verwilderten Garten hat, ihn aber nicht nutzt. Ob ich denn nicht ...? Nein, antwortete er prompt, den Garten brauche er, weil demnächst das Dachgeschoß ausgebaut und dort das Gerüst aufgestellt werde. Schade.

Verdoppelte Pacht

Zweiter Versuch: ein Schrebergarten außerhalb Wiens, den die bisherigen Pächter altersbedingt aufgeben wollen. Doch die Anreise aus Wien ist mühsam, die verlangte Pacht würde sich bei Neuabschluss mehr als verdoppeln, das Häuschen müsste erst instand gesetzt werden. Dafür wäre ein herrlich verwunschener Garten dabei. Sollten wir ...? Nein.

Aufwand und Kosten wären zu hoch gewesen. Beides wird oft unterschätzt auf der Suche nach dem Wohntraum, davon wissen auch Einfamilienhausbesitzerinnen ein Lied zu singen. Wir bleiben realistisch, hegen die Balkonkräuter und halten weiter Ausschau nach dem Garten ums Eck. (Franziska Zoidl, 6.5.2022)