"Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer (li.) und Ex-Außenministerin Ursula Plassnik bei Margit Laufer in der "ZiB 2" am Donnerstag.

Screenshot ORFTVthek

Dass eine frühere (oder auch amtierende) Außenministerin ihre diplomatischen fünf Sinne beisammenhat, ist ja in Österreich leider keine Selbstverständlichkeit. Bei der inzwischen auch als Botschafterin retirierten Ursula Plassnik muss man sich in dieser Beziehung aber keine Sorgen machen.

Unvermögen, ausreden zu lassen

Dass sie klare Worte zu Wladimir Putins Angriffskrieg in der Ukraine nicht scheut, weiß die STANDARD-Leserschaft spätestens seit ihrem Gastkommentar Ende Februar. Und insofern verlief die Konfrontation zwischen Plassnik und "Emma"-Briefschreiberin Alice Schwarzer in der "ZiB 2" bei aller Härte recht konstruktiv und zivilisiert – wenn man einmal das Schwarzer'sche Unvermögen abzieht, die Gesprächspartnerin ausreden zu lassen.

Anschwellende Halsschlagadern

Die Frauenrechtlerin, die als solche von Plassnik ausdrücklich gelobt wird, gab sich Mühe, die Gründe für die schriftliche Intervention der 28 deutschen Erstunterschreiber des Briefs an Olaf Scholz zu erklären, was in der Sache teilweise durchaus gelang, im Detail aber doch Anlass für anschwellende Halsschlagadern war: Es sei die Frage, so Schwarzer, "wie weit die ukrainische Regierung verantworten kann, so offensiv weiter in den Angriff zu gehen".

Contenance!

Es gehe ja wohl um das Recht auf Selbstverteidigung und bei den potenziellen deutschen Waffenlieferungen um Hilfe zur Selbsthilfe, stellte Plassnik richtig und erntete daraufhin eine Erinnerung an die "Verantwortung" des deutschen Bundeskanzlers, "wie Sie wissen, Sie sind ja Diplomatin". Die Antwort "Sie nicht" bleibt tief im Inneren Plassniks verborgen. Contenance.

Dafür fiel später der Hinweis der Ex-Außenministerin scharf aus, dass man der Ukraine schwerlich vorschreiben könne, wann es denn genug sei mit der Verteidigung. Schwarzer wies den Vorwurf, dass sie das tun wolle, als "unlauter" zurück. Bei Brief-Mitinitiator Peter Weibel konnte man jedoch im STANDARD die Ansicht lesen, dass man um des lieben Friedens willen Putin nicht nur das, was er in der Ukraine "zunächst beabsichtigte" (O-Ton Schwarzer) – nämlich den Donbass einzustecken –, konzedieren sollte, sondern dass nebenbei auch gleich Moldau Transnistrien aufzugeben habe.

Lässliche Sünden

Alleine deshalb ist man hin- und hergerissen zwischen dem Glauben an die legitimen Sorgen der Briefschreiber und Briefunterzeichnerinnen und dem unguten Eindruck, dass sie sich um Putins Gesichtswahrung eben mehr Sorgen machen als um die Integrität der Ukraine.

Und nein, auch wenn alle darauf warteten, diesmal verwechselte Schwarzer nicht die beiden U-Länder Ungarn und Ukraine. Jeder, der schon einmal live in einem TV-Studio gesessen ist, weiß, was da alles passieren kann: Insofern war der "Uno-Generalsekretär Stoltenberg" in der "ZiB 2" eine lässliche Sünde.

Schwarzer und der Papst

Aber ob Schwarzer verziehen wird, dass sie kurz einmal den katholischen Papst als Zeugen anrief – der die "vor Russlands Tür bellende Nato" am Ukraine-Krieg mitschuldig gesprochen hatte –, ist schon eher fraglich. (Gudrun Harrer, 6.5.2022)

Die TV-Debatte zum Nachsehen:

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