Unterhaltungen eines Sebastian K. mit einem Thomas S. werden demnächst als Oper zu hören sein.

Foto: Matthias Cremer

Eigentlich investieren die drei ja in Start-ups, in Deutschland und Österreich. In ihrem Unternehmen CGS – steht für die Familiennamen von Johannes B. Czernin, Peter Godulla und Patrick Sellier – haben sie zunächst beraten, inzwischen begleiten sie Gründerinnen und Gründer. Sofern sich ihre Unternehmen mit nachhaltigen Ideen beschäftigen und ebensolches Veränderungspotenzial bergen, erklärt Sellier. Investiert wurde da etwa in ein Unternehmen, das Kleidung für Babys herstellt, die ohne Windeln heranwachsen sollen, oder eines, das Möbelkauf mittels Visualisierung am Handy erleichtern soll.

Neben einem Standort im deutschen Mönchengladbach gibt es einen in St. Koloman nahe Hallein, wo der gebürtige Deutsche Sellier seit rund einem Jahrzehnt lebt.

Start-ups und Hotel

Eine 1800-Seelen-Gemeinde, die man getrost tieftürkis nennen kann: Bei den Nationalratswahlen 2019 kam die ÖVP auf 68 Prozent. Sellier hat dort auch das alte Wirtshaus gekauft, ein Hotel aufgebaut und dort, in der Tauglerei, werden Co-Working-Spaces ebenso angeboten wie Seminare, Yoga oder QiGong. Und im Verein "Netzwerk Taugl" geht es um Gemeinwohl, Nachhaltigkeit und Regionalität. Er fühle sich schon "richtig aufgenommen" dort oben in St. Koloman, erzählt Sellier, und habe "viele Neuerungen" mitbegleitet. Die Sache mit der "Chat-Oper" gehöre dazu.

Eine Chat-Oper? Mit den inzwischen auch jenseits von Österreichs Landesgrenzen bekannten Chats? Ganz genau. Noch genauer jene zwischen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium.

Wie hört sich das gesungen an? Bald wird man es wissen.

Text mit Kurznachrichten

Die drei Unternehmer sind nun nämlich auch unter die Opernproduzenten gegangen. Am 18. Juni um 17 Uhr wird auf dem Dorfplatz von St. Koloman die Uraufführung der Oper Der Prätorianer. Oder die Zärtlichkeit des Thomas S. stattfinden. "Ein Machtspiel in vier Chatprotokollen", so der Untertitel. Eine Oper für Sopran, Alt und Tenor, Streichtrio und Akkordeon "nach einer Idee von Patrick Sellier".

Der Text stammt laut Programm von seinem Kompagnon Czernin, "mit Kurznachrichten von Sebastian K. und Thomas S.". Czernin, ausgebildeter Tenor, fungiert auch als singender Erzähler und führt Regie. Auch der dritte Kompagnon, Godulla, spielt eine Rolle, wenngleich eine recht untergeordnete: Er gibt "Das fast stumme Gewissen".

"Schnapsidee" auf der Bühne

Gesungen wird Sebastian K. laut Programm von der deutschen Mezzosopranistin Laura Rieger, Thomas S. von Anita Giovanna Rosati. Sie singen nach der Komposition des in Sachsen geborenen Komponisten Tristan Schulze – womit man bei der Entstehungsgeschichte wäre.

"Eine Schnapsidee" sei die Sache mit der Chat-Oper eigentlich gewesen, schildert Sellier, entstanden, als er mit seinem Kompagnon, dem Opernsänger Czernin, die vom STANDARD organisierte Lesung der Chat-Protokolle von Burgtheater-Schauspielern angeschaut habe. "Viel lustiger wäre das noch als Oper, hab ich zu ihm gesagt, aber er hielt das für eine blöde Idee."

Wenig später habe er ihn aber angerufen und gemeint, er wisse den idealen Komponisten – und der, eben Schulze, habe prompt auch mitgemacht und die Musik geschrieben, für Sängerinnen, Sänger und die vier Musikerinnen.

Geht's um Liebe oder Angst?

Und worum geht’s im Prätorianer (einen Prätorianer von Kurz nannte sich Schmid ihm gegenüber)? Ja, das kann man an dieser Stelle natürlich nicht spoilern. Aber vielleicht mag ein Hinweis auf die Homepage der Start-up-Finanzierer erlaubt sein, wo es heißt: "Die beiden Antriebskräfte des Menschen sind Liebe und Angst."

Mit der Oper, deren Uraufführung auch per Livestream übertragen wird, wollen die Unternehmer übrigens kein Geld verdienen, alle Künstler würden aber natürlich für ihre Leistung bezahlt. Und, so heißt es auf der Prätorianer-Homepage weiter: "Wer meint, es sei der absolute Wahnsinn, eine Oper an so einem Ort aufzuführen, hat vermutlich recht."

Oder auch nicht: Laut Sellier haben schon sehr viele Dorfbewohner Karten gekauft. Kirchenchor und Pfarrgemeinderat inklusive. (Renate Graber, 7.5.2022)