Sollen Energieunternehmen eine Sondersteuer auf ihre Profite entrichten?
Foto: imago images/Jochen Tack

Vom Energiegutschein zum Aufbau strategischer Gasreserven: Der Staat muss derzeit hohe Kosten schultern, die sich aus der internationalen Energiekrise ergeben. Nicht nur gilt es, die sozialen Folgen abzufedern, damit sich die Menschen weiterhin Heizen und Autofahren leisten können, sondern auch, die Versorgungssicherheit sicherzustellen, damit im kommenden Winter beispielsweise genug Erdgas zur Verfügung steht.

All das kostet enorme Summen Steuergeld. Es sind Summen, von denen letztlich auch der private Sektor profitiert. Wenn etwa in Österreich um ein bis zwei Milliarden Euro eine strategische Gasreserve angelegt wird, kommt dies auch Energieunternehmen zugute. Es sorgt für einen stabilen Markt und für Preise, die nicht allzu sehr nach oben ausschlagen.

Angesichts dessen sollten sich Energieunternehmen an den Kosten der Krise beteiligen müssen, beispielsweise in Form einer Gewinnabschöpfung. Von derartigen Maßnahmen profitieren am Ende sie selbst ebenso wie die Energiekonsumenten.

Dies umso mehr, als die Unternehmen gerade traumhafte Gewinne einfahren. Diese haben rein gar nichts mit ihrer bisherigen Leistung zu tun, sondern sind allein der stürmischen Entwicklung am Weltmarkt geschuldet. Die Internationale Energieagentur schätzt die "Windfall-Profits" von Energiekonzernen in der EU im Jahr 2022 auf 200 Milliarden Euro. Entsprechend der Wirtschaftsleistung Österreichs hieße das, dass in Österreich unvorhergesehene Profite von rund fünf Milliarden Euro angefallen sind.

In der schlimmsten Energiekrise seit den Ölpreisschocks der 1970er-Jahre ist es geboten, einen Teil davon abzutreten.

Einfach so aus politischen Überlegungen die Spielregeln ändern, das kommt an den Finanzmärkten gar nicht gut an. Das zeigen die drastischen Kursverluste, die Bundeskanzler Nehammer mit der Ankündigung der Abschöpfung von Zusatzgewinnen bei Verbund und Co ausgelöst hat. Denn wer Investitionen tätigt und dadurch Risiken auf sich nimmt, ist auf Rechtssicherheit sehr bedacht.

Sollte eine entsprechende Regelung tatsächlich umgesetzt werden, würde dies den Finanzplatz Wien – insbesondere unter den tonangebenden internationalen Investoren – schwer beschädigen. Mit Folgen: Für heimische Unternehmen würde die Finanzierung über den Kapitalmarkt generell teurer werden. Zumal die internationale Wahrnehmung des Finanzplatzes durch die zuvor Russland-freundliche Politik des Landes ohnedies angekratzt ist.

Den Schaden daraus müssten auch jene rund fünf Millionen Bürgerinnen und Bürger tragen, die über die Pensions- oder Vorsorgekassen auch an Unternehmen der Wiener Börse beteiligt sind. Dabei stöhnen die meisten notierten Firmen derzeit selbst unter den hohen Energiepreisen, weisen also geringere Gewinne aus. Warum sollte dann der Ertrag der wenigen Profiteure abgeschöpft werden?

Zudem sind die Verluste des Börsenwerts des Verbunds um einiges größer, als es abzuschöpfende Zusatzgewinne gibt. Zumal es der Republik als Mehrheitseigentümer des Verbunds schon bisher freisteht, die Dividende zu erhöhen – und das Geld als Umverteilung einkommensschwachen Haushalten als Abgeltung der hohen Energiepreise zukommen zu lassen. Außerdem kommen dem Staatshaushalt auch die höheren Einnahmen durch Gewinnsteuern zugute. (Joseph Gepp, Alexander Hahn, 6.5.2022)