Trotz der aktuellen Entscheidung sieht die Wirtschaftskammer die Sache nicht endgültig geklärt.

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Arbeiterinnen und Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe haben laut dem Obersten Gerichtshof Anspruch auf eine längere Kündigungsfrist von sechs statt zwei Wochen. Zwar dürfen in Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, kürzere Fristen vorgesehen sein. Im Hotel- und Gastgewerbe seien diese Voraussetzungen aber nicht erfüllt.

Die Wirtschaftskammer hatte dem Obersten Gerichtshof umfangreiche Zahlen vorgelegt, um zu beweisen, dass Saisonbetriebe die Branche dominieren. Das ist ihr laut dem Höchstgericht aber nicht gelungen. Bis auf Weiteres gilt für Arbeiterinnen in der Branche daher mindestens eine Kündigungsfrist von sechs Wochen (OGH 24.3.3033, 9 ObA 116/21f).

WKÖ scheitert mit Beweis

Das Parlament glich mit Herbst 2021 die Kündigungsfristen zwischen Arbeiterinnen und Angestellten an. Die sechswöchige Frist gilt seither grundsätzlich für alle. Es gibt jedoch Ausnahmen: In Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, dürfen per Kollektivvertrag weiterhin kürzere Kündigungsfristen vorgesehen sein. Aus Sicht der Wirtschaftskammer ist das bei Hotellerie und Gastronomie der Fall. Deshalb gelte eine Frist von zwei Wochen, wie sie schon bisher im Kollektivvertrag geregelt war.

Der Oberste Gerichtshof sieht das in seiner Entscheidung nun anders: Saisonbetriebe seien Betriebe, "die ihrer Art nach zu bestimmten Jahreszeiten arbeiten" oder die "regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt arbeiten". Zwar gebe es zahlreiche Hotels und Restaurants, auf die diese Voraussetzungen zutreffen. Dass die Betriebe, die saisonal arbeiten, zahlenmäßig überwiegen, habe die Wirtschaftskammer vor Gericht aber nicht beweisen können.

Gilt für gesamte Branche

Da es bei der Entscheidung nicht auf den einzelnen Betrieb ankommt, sondern nur darauf, ob Saisonbetriebe insgesamt in der Mehrzahl sind, gilt sie für die gesamte Branche. Damit dürfen im Kollektivvertrag des Hotel- und Gastgewerbes keine kürzeren Kündigungsfristen mehr vorgesehen sein.

Die Angleichung der Kündigungsfristen zwischen Arbeitern und Angestellten war bereits 2017 beschlossen worden, wurde aufgrund der Pandemie allerdings verschoben. In der Frage, ob Hotellerie und Gastronomie als Saisonbetriebe gelten und damit weiterhin kürzere Kündigungsfristen erlaubt sind, brach zwischen Gewerkschaft und Wirtschaftskammer Streit aus. Auf dem Verhandlungsweg fanden die Sozialpartner keine Lösung, deshalb brachten sie die Angelegenheit vor Gericht.

Trotz der aktuellen Entscheidung sieht die Wirtschaftskammer die Sache nicht endgültig geklärt. "Für uns steht außer Zweifel, dass das Hotel- und Gastgewerbe eine Saisonbranche ist", heißt es in einer Aussendung. Man werde nun ergänzendes Datenmaterial vorlegen, um "eine endgültige Klärung herbeizuführen." (japf, 7.5.2022)