"Wir hatten immer die Devise, keine Toten zu zeigen, nur unter ganz spezifischen Bedingungen. Aber in den sozialen Medien wird es konsumiert. Warum sollen wir uns auch noch zurückhalten?", fragt Petra Ramsauer.

Foto: Medienakademie

Im Gastblog der Medienakademie berichtet Petra Ramsauer über ihre Erfahrung als Kriegsreporterin.

"Man spürt eine totale Professionalität in der Berichterstattung", schildert Ramsauer. "Das merkt man vor allem am sogenannten Stringer/Fixer. Das sind Menschen, mit denen man vor Ort arbeitet. Das sind einfach hochprofessionelle Journalisten." Diese seien besonders wichtig, da es in Zeiten von Social Media kompliziert sei, die richtigen Informationen herauszufiltern. Denn die Nachrichten von Instagram, Facebook und Co werden von einem Algorithmus gesteuert und nicht aktiv ausgewählt. "Dann ist es schwierig zu unterscheiden: Was ist denn jetzt eigentlich Journalismus der klassischen Schule? Und was ist von jemandem, der in die Ukraine fährt und einen Blog dazu macht", sagt die Journalistin.

Die Inhalte werden ins Netz gespült, ohne genau geprüft zu werden. Insbesondere Bilder und Videos. Diesbezüglich äußert sich die Oberösterreicherin kritisch: "Wir hatten immer die Devise, keine Toten zu zeigen, nur unter ganz spezifischen Bedingungen. Aber in den sozialen Medien wird es konsumiert. Warum sollen wir uns auch noch zurückhalten?" Diese Verrohung hat große Auswirkungen, vor allem auf junge Menschen. Die Kinder seien mit dem Medienkonsum überfordert. Darum bekommt Petra Ramsauer derzeit viele Anfragen von Schulen. Die Pädagogen wüssten oft nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollten.

Ausblendung als Selbstschutz

Die Vielzahl an verstörenden Bildern würde Menschen veranlassen, diese zu verdrängen. Teils aus Selbstschutz, teils aber auch, weil ein gewisses Gefühl der Ohnmacht entstehe. Ein "Die Welt retten wir eh nicht mehr"-Gefühl. Doch die Wahrheit sei den Menschen auf jeden Fall zumutbar. "Allerdings sollte man so berichten, dass man es annehmen kann", schildert Ramsauer. "Momentan ist es schon ein kruder Mix – Angst vor Putin, Angst vor der Klimakrise, es kommt sowieso zum Atomkrieg. Da ist ein gefährlicher Cocktail entstanden."

Schlechte Rahmenbedingungen

Die Kriegsreporterin hat 2020 ihren Beruf aufgegeben. Ihre Beweggründe waren nicht die psychische Belastung durch die Erlebnisse oder Bilder aus Kriegsgebieten, sondern die Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die Auslandsberichterstattung in Österreich. "Ich hatte mit dem mir zur Verfügung stehenden Budget einfach nicht das Gefühl, die Geschichten in der Intensität und Breite recherchieren zu können, wie ich es gerne möchte", erklärt die 52-Jährige. Des Weiteren sei die Krisen- und Kriegsberichterstattung körperlich wahnsinnig anstrengend. Es gebe Tage, an welchen man nichts zu Essen oder Trinken bekomme. Hinzu komme, dass man manchmal zwölf Stunden in einem schlechten Auto oder Bus schlafen müsse. "Es ist auch anstrengend, Schutzausrüstung zu tragen. Mir macht auch die Hitze sehr zu schaffen", berichtet sie.

Derzeit macht Petra Ramsauer eine Ausbildung zur Traumatherapeutin. Dort hat sie gelernt, wie wichtig es ist, Präventionskonzepte für Menschen zu schaffen, die beispielweise den Zweiten Weltkrieg miterlebt haben. Vor allem, wenn eine leichte Demenz hinzukommt. "Was es bräuchte, ist mehr Wissen und Aufklärung über die Traumatisierung selbst. Wie gehe ich damit um, was tut sich in meiner Seele? Was ist Trauma, wieso traumatisiert mich etwas? Was bedeutet es, eine Traumadiagnose zu haben? Der Begriff Trauma würde ihrer Meinung nach zu allgemein verwendet. Es gebe viele Faktoren, die entscheidend seien. Wenn man über diese Bescheid wisse, könne man viel mehr tun. (Sabine Kaloczi, Petra Milosavljevic, Henry Dünser, 9.5.2022)