Adama Diop spielt an der Seite von Isabelle Huppert in Der Kirschgarten. Der schön blühende, aber nutzlos erscheinende Kirschgarten aus Anton Tschechows gleichnamigem Theaterstück ist das Sinnbild für den Untergang des russischen Adels, den auch die verschuldete Gutshausbesitzerin Ranjewskaja personifiziert. Der portugiesische Regisseur Tiago Rodrigues hat das als Komödie titulierte Drama um einen Zeitenwandel hin zur Kapitalisierung 2021 für das Festival in Avignon inszeniert (Museumsquartier-Halle E, 26.–28. Mai, 19.30 und 29. Mai, 18.00).

Foto: Christophe Raynaud de Lage

Wien – "Wir belauschen gerne Gespräche in überfüllten Trams und Bussen. Wir mögen wilde und wunderbare Geschichten. Wir mögen langweilige Alltagsgeschichten."

Dem 2008 gegründeten Künstlerduo Notfoundyet dient das normale Leben als wichtigste Inspirationsquelle. Laia Fabre und Thomas Kasebacher kombinieren Kunst und Choreografie. In ihrer Performance Pudding etwa (Wuk 2010) entlarvten sie im Setting eines Teleshopping-Kanals die Verkäufersprache.

Nun präsentieren sie Raw, ein kulinarisches Happening, das an vier Abenden die Festwochen-Gäste mit etablierten Köchen und Köchinnen zusammenbringt. So trifft etwa Adama Diop, der an der Seite von Isabelle Huppert in Der Kirschgarten spielt, auf Koch Max Stiegl, um das gemeinschaftliche Ritual der Essenszubereitung zu untersuchen.

Essen queeren

In anderen Konstellationen wird darüber geredet, was es bedeutet, Essen zu queeren, zu performen und durch Essen zu erinnern. Kulinarische Pfade beschreitet auch das Kunstkollektiv Slavs and Tatars (Kasia Korczak und Payam Sharifi), das seit 2006 seinen thematischen Fokus auf die Region Eurasien legt und sich in Recherche-Projekten mit Sprachen, Ideologien und Glaubenssystemen auseinandersetzt.

Nun eröffnet es für die Wiener Festwochen eine Pickle Bar, an der jeden Dienstag und Donnerstag nicht nur fermentiertes Essen und Trinken konsumiert werden kann, sondern auch der eine oder andere Gedanke zur Funktion der Sprache haltbar gemacht werden soll.

Die Gäste reden über die Politik des Akzents, den Trinkspruch zwischen Queer und Patriotismus, den Sündenfall oder die Klimakatastrophe. Jeden Samstag kann außerdem an den Lese-Sessions der adO/Aptive Reading Group teilgenommen werden. (kst, 9.5.2022)