Buhle Ngabas Schwanengesang.

Foto: Shaun Oelf

Eine Puppe, die bei Viennes "Teich" auftaucht.

Foto: Estelle Hanina

Wien – Viele unter uns sind im Innersten Verletzte, geplagt von fatalen Umständen und Ausgrenzung. Von ihren Gesellschaften werden sie gerne verdrängt. Das macht diese Gesellschaften destruktiv: Was als nicht normal erscheint, wird weggeräumt.

Um solche Ausgegrenzten geht es der Südafrikanerin Buhle Ngaba in ihrem Solo Swan Song und der Austrofranzösin Gisèle Vienne in ihrer Bearbeitung von Robert Walsers Szenenkomposition L’Étang / Der Teich.

Ngaba versetzt sich in eine junge Frau, die an Scapula alata leidet, dem flügelartigen Abstehen eines oder beider Schulterblätter. Viennes – respektive Walsers – Protagonist Fritz wiederum lebt in einer höllischen Familie und täuscht seinen Suizid vor.

Ein vielseitiges Talent

Buhle Ngaba ist Schauspielerin, Geschichtenerzählerin und Nichte der Aktivistin, Diplomatin und ANC-Politikerin Ruth Segomotsi Mompati, über die sie gerade ein Buch schreibt, sowie Trägerin zahlreicher Auszeichnungen.

Gisèle Vienne war zuletzt mit ihrem Stück Crowd bei den Festwochen zu Gast. Ihre Arbeiten, bei denen immer wieder großartige Puppen auftauchen, sind sowohl in Ästhetik als auch Inhalt unverwechselbar.

"Die Hölle, das sind die anderen", Garcins Sager in Sartres Stück Huis clos von 1944, gilt offenbar weiterhin. Und weil sich alle als Teile dieser Hölle fühlen, ihr schlechtes Gewissen aber verdrängen wollen, wird das Höllischsein mit Zähnen und Klauen verteidigt.

Reflexion des Infernos

Wie es sich in dieser Umgebung lebt, ist täglich überall zu erfahren. Die junge Frau in Swan Song, einer Coming-of-Age-Geschichte der besonderen Art, führt das Publikum in ihre winzige Wohnung irgendwo in Johannesburg und lässt es an ihren inneren und äußeren Kämpfen teilhaben.

Der junge Fritz in L’Étang / Der Teich hat sich bei Vienne in eine Frau verwandelt, die an ihrer kalten Mutter, der bösen großen Schwester und der Welt überhaupt leidet und zur zerbrochenen, gespaltenen Person wird.

Auch das gehört zum Inferno, das wir gemeinsam schaffen: seine wie hier meisterhafte Reflexion in Kunstwerken. (ploe, 9.5.2022)