Über Video kündigte Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck ihren Rückzug an.

Foto: APA / Hans Klaus Techt

Die Flexco, die vielbeschworene Reform der altehrwürdigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), erlebt Margarete Schramböck nicht mehr als Ministerin. Wohl schlug die frühere Telekommanagerin auf einem Tiroler Ticket unermüdlich die Werbetrommel für die neue Billig-GmbH, doch beim Koalitionspartner kam sie damit nicht durch. Die Grünen sind nicht gegen Erleichterungen bei Firmengründungen, Gebührensenkungen und gesellschaftsrechtliche Reglements für innovative Firmengründer. Gewissen Mindeststandards, was die Seriosität von Investoren betrifft, sollten Start-ups aber unterliegen.

Gewerbereform vertagt

Den von Schramböck an den Tag gelegten Eifer hätten sich Wirtschaftstreibende bei einem anderen, viel wichtigeren Thema gewünscht: der Gewerbereform und der Reform der altehrwürdigen GmbH für 170.000 Unternehmen. Hätte die frühere Managerin, die sich vom Telekomausrüster Alcatel in die Machtzirkel der heimischen Digital- und Telekomwirtschaft hochgearbeitet hat, den gutgehüteten Pfründen der Wirtschaftskammerföderalistik tatsächlich zu Leibe rücken wollen: Tiefschürfend war das Unterfangen nicht.

Im Jahr vier ihrer unter Türkis-Blau gestarteten Ministertätigkeit sah Schramböck bei der verzopften Gewerbeordnung keinerlei Handlungsbedarf. Im Gegenteil, es kamen neue Berufe dazu, alte Zöpfe wurden nicht abgeschnitten – obwohl genau sie Unternehmertum erschweren, gar verhindern. Die überfällige, von Fachleuten dringend geforderte Reform der altehrwürdigen GmbH, die rund 170.000 Unternehmerinnen und Unternehmer ersehnen, blieb eine Fehlanzeige. Hier zeigte die frühere Unternehmerin kaum Ambitionen.

Zweifelhafte Highlights

Abgesehen von zweifelhaften Highlights wie dem "Kaufhaus Österreich", mit dem Schramböck niemand Geringerem als dem Onlinehändler Amazon das Wasser abgraben wollte, pflasterten vor allem handwerklich mangelhafte Gesetze den Weg der promovierten Betriebswirtin. Mit dem Standortentwicklungsgesetz beispielsweise wollte die frühere Kurzzeit-Chefin des Österreich-Geschäfts der Telekom Austria zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen umweltpolitisch wie verkehrwirtschaftlich fragwürdige Großprojekte niederwalzen. Im Oktober 2019 eröffnete die EU-Kommission prompt ein Vertragsverletzungsverfahren, weil sie den Verdacht hegt, dass Rechtsstaatlichkeit auf der Strecke bleibt, wenn Großinvestitionen statt durch Richterspruch per Fristablauf genehmigt werden.

Kurze Leine für Kartellwächter

Unangenehm in Erinnerung ist auch die kurze Leine, die die Wirtschaftsministerin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) anlegen wollte. Die Wettbewerbshüter sollten über geheime kartellrechtliche Untersuchungen auf Wunsch der Ministerin jederzeit Auskunft geben. Nach öffentlicher Kritik wurden zumindest geplante Razzien ausgenommen. Die Nachfolge für den kürzlich in die Pension verabschiedeten BWB-Generaldirektor Theodor Thanner darf nun der nächste Minister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort bestellen – oder die Ministerin.

Zweite Wahl

Überzeugt von Schramböcks Qualitäten war offenbar auch der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht restlos. Im Kabinett Kurz II war Schramböck nur mehr zweite Wahl, das Ministerium wurde der wichtigen Energie- und Tourismusagenden beraubt und um Digitalisierung angereichert. Die ist freilich eine Querschnittsmaterie, die mit dem Data Governance Act weit über das digitale Amt hinausgeht, alle Regierungsagenden umfasst und damit extrem heikel ist. Auf den Weg zum Smartphone gebracht hat Schramböck zumindest den digitalen Führerschein, der allerdings analoge Dokumente nicht ersetzt.

Gerüchte ständige Begleiter

Seit dem Flop mit dem dysfunktionalen Online-Kaufhaus Österreich um 1,26 Millionen Euro gehörten Ablösegerüchte zu Schramböcks ständigen Begleitern. Hätten die Tiroler eine Ersatzkandidatin für die Energetikerin (mit Gewerbeschein) an der Hand gehabt, wäre sie bereits im Herbst 2021 Geschichte gewesen. Sie selbst quittierte die Kritik pragmatisch: "Wenn man nichts tut, kann man auch nicht kritisiert werden."

Wie nachhaltig gerettet die versprochene Penizillin-Produktion im Tiroler Kundl ist, muss sich erst weisen. So üppig wie versprochen fallen die von Schramböck extra aufgesetzten Förderungen doch nicht aus. Sonst wären sie nicht EU-konform gewesen. (Luise Ungerboeck, 9.5.2022)