Warum Kinder im Sommer langsamer wachsen, konnte die neue Untersuchung nicht klären.

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Es ist seit längerem bekannt, dass sich der Body-Mass-Index (BMI) von Kindern in westlichen Ländern im Sommer ungünstig verändert. Als Ursache nahm die Forschung bisher vor allem Veränderungen in der körperlichen Aktivität und der Ernährung der Kinder während der Sommerzeit an. Eine Studie, die am Dienstag in der Zeitschrift "Frontiers in Physiology" veröffentlicht wurde, bringt einen neuen, überraschenden Faktor ins Spiel: Kinder wachsen während des Schuljahrs schneller als im Sommer, und das wiederum führt zu einem höheren BMI im Sommer. Die Gewichtszunahme selbst bleibt nämlich über das Jahr hinweg stabil.

Für ihre Untersuchung haben Erstautorin Jennette Moreno (Baylor College of Medicine in Houston, Texas) und ihr Team die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2013 statistisch neu ausgewertet. Sie hatten dafür 3.588 Kinder untersucht, die im September 2005 in den Kindergarten kamen und zu Beginn der Studie fünf oder sechs Jahre alt waren. In den nächsten fünf Jahren wurden zweimal im Jahr – Mitte September und Mitte April – die Größe und das Gewicht der Kinder gemessen.

Fünf Gruppen je nach BMI-Entwicklung

Basierend auf diesen Werten teilten die Forschenden ihre jungen Probanden in fünf "BMI-Pfadgruppen" ein, basierend auf dem Muster ihrer BMI-Änderung im Lauf der Studie: 52,5 Prozent der texanischen Kinder hatten ein "anhaltend gesundes Gewicht", 22,6 Prozent der Kinder wurden als "chronisch übergewichtig oder fettleibig" eingestuft, jeweils rund acht Prozent hatten ein "zunehmend gesundes Gewicht", ein "spät einsetzendes Übergewicht" oder ein "früh (also bald nach dem Kindergarten, Anm.) einsetzendes Übergewicht".

Bei genauen Auswertungen der Größenmessungen zeigte sich, dass die Körpergröße der Kinder während des Schuljahrs schneller zunahm als während des Sommers, und zwar mit einer durchschnittlichen Differenz von 0,55 Millimeter pro Monat. Das sommerliche Defizit beim vertikalen Wachstum war in der Gruppe der "chronisch Übergewichtigen oder Fettleibigen" mit etwa einem Millimeter pro Monat am stärksten ausgeprägt.

Die Rate der Gewichtszunahme hingegen unterschied sich nicht nach Jahreszeit. Die letztgenannten kombinierten Muster von Größe und Gewicht bedeuteten jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit, übergewichtig oder fettleibig zu werden, im Sommer jeweils stark anstieg.

Rätselhafte Ursache

Die Ursachen für die starke Saisonabhängigkeit des Wachstums sind noch nicht geklärt. Letztautor Craig Johnston (University of Houston) vermutet, dass es mit der durch die Schule erzwungenen Exposition der Kinder gegenüber dem täglichen Hell-dunkel-Zyklus zu tun haben könnte. Diese Frage würde sich aber nur durch weitere Studien klären lassen – etwa an Kindern, die das ganze Jahr über in die Schule gehen. (tasch, 10.5.2022)