Norbert Totschnig wechselt vom Bauernbund in das Landwirtschaftsministerium.

Foto: Glaser/Bauernbund

Wien – Norbert Totschnig kennt die Landwirtschaft von der Pike auf. Geboren im Osttiroler Tristach, unweit von Lienz, wuchs er mit fünf Geschwistern auf dem elterlichen Hof auf, wo die Milchwirtschaft im Fokus stand. Heute führt Bruder Thomas die Landwirtschaft mit Schwerpunkt auf Schwarzbuntzucht. Norbert zog bald hinaus aus Osttirol – nach der HTL in Bregenz absolvierte er das Studium der Wirtschaftswissenschaften in Innsbruck, das er 2001 abschloss. Dann begann die politische Laufbahn des Norbert Totschnig. Zuerst als parlamentarischer Mitarbeiter von Georg Schwarzenberg, dann als Assistent der EU-Abgeordneten Agnes Schierhuber. Im Mai 2002 übernahm er die Rolle des Generalsekretärs der Bauernbundjugend – und war für den Jungbauernkalender verantwortlich.

Dem Bauernbund blieb er treu und war seit 2017 dessen Direktor. In den Jahren davor unternahm Totschnig auch Abstecher in die Bundespolitik, zuerst als Klubreferent für Ökologie sowie Land- und Forstwirtschaft im ÖVP-Parlamentsklub. Danach war er sowohl im Kabinett des damaligen Finanzministers Michael Spindelegger tätig als auch im Wissenschaftsministerium des damaligen Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner.

Politisch gut vernetzt

Der Osttiroler lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Wien, wo er aktuell Bezirksobfrau-Stellvertreter im Bezirk Neubau ist. Seine Frau Dagmar arbeitet im Bundeskanzleramt und ist unter anderem Mitglied der Corona-Kommission. Die gebürtige Steirerin wurde von der Kleinen Zeitung einmal als "Chefjuristin von Bundeskanzler Kurz" beschrieben, die einen engen Draht zum Ex-Kanzler gepflegt haben soll.

Norbert Totschnig gilt als inhaltlich versierter und erfahrener Verhandler, der gut vernetzt ist. Das attestieren ihm nicht nur Parteifreunde, sondern auch Weggefährten aus anderen Lagern. Sein enges Umfeld beschreibt ihn als "bedacht" und "überlegt", er verfüge über eine breite Themen- und Kompetenzbreite und sei naturverbunden. Im Grünen Regierungsteam erhofft man sich von der neuen Personalie im Landwirtschaftsministerium wohl auch eine bessere Gesprächsgrundlage, als diese zuletzt unter Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger vorherrschte – "ein emotional schwieriges Verhältnis". Dennoch wurde Totschnig beim Juniorpartner bisher als "farblos" wahrgenommen: Jemand, der nicht im Vordergrund und ohne eine starke eigene Meinung auftrete.

Ein Schwarzer, kein Türkiser

Totschnig wird nicht als Anhänger der türkisen Ideologie beschrieben, wie Köstinger es geradezu bedingungslos war. Er gehöre der alten, schwarzen ÖVP an, sagen seine Weggefährten. Totschnigs Vorgängerin soll den Abgang ihres politischen Intimus Kurz bis zuletzt den Grünen angekreidet haben, was das Verhältnis belastet habe. Ministerin Leonore Gewessler könnte mit Totschnig wohl unaufgeregter über Sachthemen verhandeln. Unter die Agenden des neuen Ministers fallen mit der Raumordnung auch Querschnittsmaterien, die eine enge Kooperation mit Gewesslers Ressort verlangen. Als "fachlich verlässlicher" Partner dürfte er daher ein willkommener Neuzugang im Team von Bundeskanzler Karl Nehammer sein.

Der gebürtige Osttiroler frönt dem Hobby der Jagd und wird als "wertkonservativ" beschrieben, ähnlich wie einer seiner Tiroler Vorgänger als Landwirtschaftsminister, Andrä Rupprechter. Doch Totschnig sei zugleich offener gegenüber anderen Meinungen, heißt es aus seinem Umfeld. Wobei er bei einem der großen landwirtschaftlichen Reizthemen, der Rückkehr der Wölfe, eine klare Position vertritt: "Kommt der Wolf, stirbt die Almwirtschaft." Daher tritt der neue Landwirtschaftsminister für die "rasche Entnahme von Problemwölfen" ein.

Gemeinde "stolz" auf großen Sohn

Zu Hause in Tristach kennt und schätzt man Totschnig, wie Bürgermeister Markus Einhauer erzählt: "Trotz seiner Verpflichtungen in Wien ist er auch immer wieder bei uns zu Besuch." Totschnig pflege den Kontakt zur Familie – Vater Werner feierte kürzlich den 80er in seinem Beisein – und zu alten Bekannten aus dem Ort regelmäßig. Man sei "stolz" auf den neuen Landwirtschaftsminister aus Tristach, sagt der Bürgermeister, und wünsche ihm alles Gute für die neue Aufgabe. (Steffen Arora, Nora Laufer, 10.5.2022)