Die Landesflüchtlingsreferentinnen und Innenminister Gerhard Karner konferierten vier Stunden lang.

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Wien – Viel Zeit, um über eine bessere Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge in Österreich zu diskutieren, anstatt zu handeln, gebe es nicht. Darin waren sich bei der Pressekonferenz nach der Landesflüchtlingsreferentensitzung am Dienstagvormittag Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mit dem Wiener Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) und der diesjährigen Vorsitzenden der Landesflüchtlingsreferenten, der Burgenländerin Daniela Winkler, einig.

Denn immerhin, so Karner, seien seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine schon rund 321.000 Kriegsflüchtlinge in Österreich angekommen, erstversorgt worden – und meist weitergereist. Rund 70.000 Menschen seien geblieben, von denen 2.700 bereits eine Beschäftigungsbewilligung hätten und 4.700 beim Arbeitsmarktservice vorgemerkt seien.

Viele Absichtserklärungen

Dennoch wurden am Dienstag, neben einer wichtigen Einigung auf mehr Geld vom Bund an die Länder für die Erstversorgung der Ukraine-Flüchtlinge, nur innerbehördliche Schritte, Arbeitsaufträge und Absichtserklärungen verkündet. Mit eine Ursache dafür: Das Grundversorgungssystem basiert auf einem zwischen Bund und Ländern vereinbarten Staatsvertrag, Änderungen müssen von sämtlichen Playern in Bund und Ländern sowie den Landtagen beschlossen werden, bevor sie in Kraft treten.

Ein Arbeitsauftrag etwa wurde zu den für die Flüchtlinge aus der Ukraine – großteils alleinerziehende Frauen – zentralen Fragen der Familienbeihilfe und des Kinderbetreuungsgeldes erteilt. Hacker verwies auf ein "Gesamtpaket", das man "noch vor dem Sommer" präsentieren wolle. Dass die Ukrainerinnen auf Basis der EU-Massenzustromrichtlinie Anrecht auf diese Leistungen haben, stehe für ihn fest, sagte Hacker nach der Pressekonferenz dem STANDARD.

Geld vom Bund

Keine Einigung gab es zu einer Anhebung der Zuverdienstgrenzen in der Grundversorgung. Laut Flüchtlingsunterstützern hemmt diese Grenze die Jobannahme der Ukrainerinnen, die Arbeitsmarktzugang haben, massiv. Ohne den Anspruch auf Quartier, Essen und Taschengeld zu verlieren, darf ein Flüchtling derzeit nämlich nicht mehr als 110 Euro pro Monat einnehmen.

Einstimmig von allen neun Flüchtlingsreferenten und dem Innenminister beschlossen wurden hingegen Zahlungen des Bundes an die Länder für Einrichtung und Betreiben der Ankunftszentren für Ukraine-Flüchtlinge. Für jede Person, die in Österreich angekommen ist, wird der Bund dem jeweiligen Bundesland 190 Euro überweisen, und zwar rückwirkend ab dem ersten März. Als nächster Schritt, um das Geld rechtlich abgesichert fließen zu lassen, braucht es nun ein Okay der Landeshauptleute, die das nächste Mal am 20. Mai konferieren.

Landeshauptleute am Zug

Die Landeschefs müssen ihre Unterschrift aber auch noch unter eine weitere Verbesserung setzen, die vielfach schon als vollzogen dargestellt wurde: dem von den Landesflüchtlingsreferenten schon am 30. März getroffenen Beschluss, die Tagsätze für die Flüchtlingsbetreuung in organisierten Quartieren sowie die monatlichen Zahlungen an privat untergebrachte Flüchtlinge zu erhöhen.

Die Tagsätze sollen von bisher 21 auf 25 Euro pro Tag steigen, für Ukraine-Vertriebene ebenso wie für Asylwerber. Dazu, so Stadtrat Hacker bei der Pressekonferenz, brauche es einen Zusatzvertrag zur Bund-Länder-Vereinbarung, die die Grundversorgung prinzipiell regelt.

Hacker lobt Gesprächsklima, Asylkoordination ist ernüchtert

Hier gab der Stadtrat einen Einblick in die bis dato schwerfällige Entscheidungsfindung in Flüchtlingsbetreuungsangelegenheiten. Den Zusatzvertrag habe man bei der Sitzung am Dienstag "in einer Stunde verfasst" – ein Arbeitsgang, der in früheren Jahren "Wochen bis Monate" gedauert habe, sagte er. Insgesamt sei das Arbeitsklima mit Innenminister Karner sehr gut, lobte er: "Kein Vergleich zu früheren Ressortchefs."

Mit "Ernüchterung" reagierte Lukas Gahleitner von der österreichischen Asylkoordination auf die Ergebnisse der Konferenz. Bei den Zuverdienstgrenzen etwa bestehe das Risiko, "dass alles beim Alten bleibt". (Irene Brickner, 10.5.2022)