Wolfgang Sobotka (ÖVP) führt weiterhin den Vorsitz im U-Ausschuss – trotz massiver Kritik an seiner Unabhängigkeit.

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Als die einstige Nationalratspräsidentin Heide Schmidt Ende April vor das Parlament trat, nutzte sie ihre Rede im Rahmen der Verleihung des Concordia-Preises für mahnende Worte. Die ehemalige Politikerin kritisierte, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) den Vorsitz des U-Ausschusses rund um Korruptionsvorwürfe nicht abgeben will – obwohl gegen ihn selbst Ermittlungen laufen.

Bloß: Jener Teil ihrer Rede, in dem sie sich zur Unbefangenheit äußert, ist weder in der Mediathek der Parlamentswebseite noch auf Youtube einsehbar. Stattdessen sind Bild und Ton unterbrochen.

Verbindungsabbruch

Auf Anfrage erklärt die Pressestelle des Parlaments, dass es zu "technischen Mängeln" gekommen sei. Mit Livestream und Aufzeichnung sei ein externer Dienstleister beauftragt.

"Laut dessen Auskunft hat es sich um einen Verbindungsabbruch zum Server gehandelt, und die entsprechende Passage sei dadurch leider nicht mehr wiederherstellbar", heißt es.

ORS: "Keine Fehler der Technik"

Die ORF-Tochter ORS ist ein externer Dienstleister des Parlaments. ORS-Sprecher Michael Weber weist solche technischen Mängel als Grund für die fehlenden Rede-Teile im Gespräch mit dem STANDARD zurück: "Es gibt keine Fehler der Technik." Das Unternehmen ist allerdings rein für die Datenspeicherung, nicht aber für den Stream verantwortlich – diesen verantwortet die Agentur Braintrust, die wiederum für den STANDARD nicht zu erreichen war. Laut einer Recherche des Presseclubs Concordia selbst soll es sich aber tatsächlich um einen technischen Fehler gehandelt haben.

Verschwundener Teil

Schmidt monierte in ihrer Rede den Schaden, der dem Rechtsstaat zugefügt werde, wenn dessen Kontrollinstrumente untergraben werden. "Nicht nur in der Justiz, sondern bei jeder Kontrollausübung ist die Unbefangenheit der Leitung der Kontrolle eine Grundvoraussetzung", sagte sie in der unterbrochenen Aufnahme.

Derzeit habe sie das Gefühl, "dass das Herz der Demokratie, das Parlament, an Herzrhythmusstörungen leidet" – dieser Teil ist wieder abrufbar. Dagegen müsse man "dringend etwas tun, Herr Präsident", mahnt sie. (muz, 10.5.2022)