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Schweizer Medienbranche warnt vor einem drohenden Abbau der Medienfreiheit.

Foto: Reuters, WIEGMANN

Bern – Das Parlament in Bern hat am Dienstag entschieden, dass es für potenziell Betroffene einfacher wird, eine missliebige Publikation zu verhindern. Dies gegen den Willen der Regierung und der gesamten Schweizer Medienbranche: Verleger, Medienschaffende, das öffentlich-rechtliche Medienhaus SRG und der Schweizer Presserat hatten in einer gemeinsamen Mitteilung vergeblich vor einem drohenden Abbau der Medienfreiheit gewarnt. "Die Änderung öffnet Tür und Tor für das vorschnelle Stoppen missliebiger, kritischer Recherchen", heißt es in der Mitteilung.

Die Mehrheit des Nationalrats, die den Vorschlag am Dienstag mit 99 zu 81 Stimmen genehmigte, sah es aber anders. So sagte die liberale Abgeordnete Patricia von Falkenstein: "Das ist keine Zensur. Es geht darum, dass Menschen oder Unternehmen besser geschützt werden vor widerrechtlichen Angriffen auf ihre Persönlichkeitsrechte."

Vertrauliche Bankdaten

Bereits vergangene Woche hatte es eine Kommission des Schweizer Parlaments abgelehnt, das Bankengesetz zu entschärfen. Gemäß dem heute geltenden Gesetz drohen Medienschaffenden bis zu drei Jahre Gefängnis, wenn sie vertrauliche Bankdaten publizieren.

Dieser "Maulkorbparagraf" wird auch international kritisiert, so etwa von der Uno-Berichterstatterin für Pressefreiheit, Irene Khan. "Das Gesetz ist ein Beispiel für die Kriminalisierung von Journalismus. Das ist normalerweise ein Problem in autoritären Staaten", sagte Khan in den Tamedia-Zeitungen. Solche Strafandrohungen würden Medienschaffende zu Selbstzensur verleiten.

Dass dies keine bloße Vermutung ist, zeigte sich diesen Frühling, als die Zeitungen des Schweizer Tamedia-Verlages, die sich sonst regelmäßig an internationalen Netzwerkrecherchen beteiligen, an der Publikation der sogenannten Suisse Secrets nicht mitwirkten. Dabei ging es um Enthüllungen über problematische Kunden der Großbank Credit Suisse – brutale Machthaber, korrupte Politiker, Kriegsverbrecher und andere Kriminelle. (Klaus Bonanomi aus Bern, 10.5.2022)