Wien – "Sie fragen sich in diesen Stunden vielleicht: 'Was ist denn jetzt schon wieder passiert?'" So eröffnete Bundespräsident Alexander Van der Bellen seine Rede während der letzten Regierungskrise im Herbst. Diese treffende Frage stellte sich dieser Tage wahrscheinlich ein Großteil der Österreicherinnen und Österreicher angesichts der Ereignisse in der österreichischen Innenpolitik. Regierungskrisen, Rücktritte und vorgezogene Neuwahlen sind in Österreich nichts Neues, den Überblick verliert man im Dschungel des Politalltags trotzdem leicht.

Die Angelobung des grünen Gesundheitsministers Johannes Rauch am 8. März war die vorerst letzte Angelobung für Bundespräsident Van der Bellen.
Foto: APA/ Helmut Fohringer

Auch nach den zwei Rücktritten der ÖVP-Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck stellt sich einmal mehr die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Abhilfe bei einem Regierungsumbau schafft die "elegante und schöne" Bundesverfassung, wie sie Van der Bellen bezeichnete. Sie ist ein Wegweiser in Sachen weitere Formalitäten, die nun folgen: Wie läuft eine Angelobung formal ab, und wie werden Ministerien gebildet?

Angelobung ist immer erforderlich

Damit ein Minister oder eine Ministerin ernannt wird und sein oder ihr neues Büro beziehen kann, bedarf es der Angelobung durch den amtierenden Bundespräsidenten. Jene der Nachfolgerinnen und Nachfolger von Schramböck und Köstinger steht am Mittwoch an.

Dieser formale Akt dürfte der österreichischen Bevölkerung mittlerweile recht bekannt sein: Mehr als 60 Personen hat Präsident Van der Bellen seit 2017 angelobt. In diesen Dimensionen kann nur noch der verstorbene Bundespräsident Thomas Klestil mit insgesamt 75 Angelobungen mithalten. Grund für die große Anzahl waren in seiner Amtszeit ebenfalls mehrere Regierungsumbildungen und eine Regierungskrise der damaligen ÖVP und FPÖ nach dem Knittelfelder Parteitag 2002. Allerdings: Klestil benötigte dafür zwei Amtsperioden.

Der Akt der Angelobung ist jedenfalls ein Schauspiel, das von tausenden Zusehern beobachtet wird und immer für eine Überraschung gut ist. In Erinnerung wird beispielsweise die Angelobung im Jahr 2000 bleiben, als Klestil mit finsterer Miene die erste schwarz-blaue Regierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel angelobte.

Damit der Bundespräsident eine Person mit der Leitung eines Ministeriums betrauen kann, ist es notwendig, den Minister beziehungsweise die Ministerin zu entlassen, der oder die zuvor mit dem Amt betraut war. Auf Vorschlag des Bundeskanzlers wird schließlich das Ministeramt vom Bundespräsidenten neu vergeben. Mit Handschlag, der Unterschrift der Angelobungsurkunde und den Worten "Ich gelobe" ist die Angelobung auch wieder zu Ende – und die Arbeit im Ministerium kann wie gehabt fortgesetzt werden. Scheidet ein Minister oder eine Ministerin kurzfristig aus dem Amt aus, beispielsweise durch einen Todesfall, so übernimmt ein anderes Ministerium für die Übergangsphase die Ressorts, bis eine Nachfolge gefunden wurde.

Agenden und Anzahl der Ministerien gesetzlich geregelt

Die Ministerien selbst unterliegen ebenfalls genauen Regelungen: Grundstein dafür ist das sogenannte Bundesministeriengesetz, in dem geregelt ist, welche Agenden in einem Ministerium zusammengefasst werden. Ein aktuelles Beispiel: das in Pandemiezeiten vieldiskutierte Bundesministerium von Johannes Rauch (Grüne), das unter anderem die Agenden Gesundheit und Soziales beinhaltet. Die beiden Koalitionspartner könnten sich theoretisch darauf verständigen, das Ministerium aufzuteilen. Möglich wäre laut Gesetz ein vollständig neues Ministerium oder die Zuweisung eines Ressorts an ein anderes Ministerium. Die einzige Bedingung ist, dass das Gesetz mit einfacher Mehrheit vom Nationalrat abgesegnet wird, es erfordert somit mindestens die Hälfte der anwesenden Mandatare.

Eine Partei ohne absolute Mehrheit kann daher nicht allein entscheiden, ob Ministerien umgeschichtet werden und welche Ressorts neu verteilt werden. Da das Gesetz jedoch keine Zweidrittelmehrheit wie etwa ein Bundesverfassungsgesetz erfordert, ist das meist kein Hindernis für die amtierende Bundesregierung. Die politischen Verantwortlichen können mit ihrer parlamentarischen Mehrheit die Ministerien nach ihren Wünschen umgestalten, sofern es sich nicht um eine Minderheitsregierung handelt.

Das Gesetz regelt neben den Agenden zudem die Gesamtzahl der bestehenden Ministerien. Durch Umschichtung der Ressorts können neue Ministerien geschaffen oder alte aufgelöst werden. Beispielsweise werden die Agenden Digitalisierung und Wirtschaftsstandort der baldigen Ex-Ministerin Margarte Schramböck anderen Ministerien zugewiesen. Dadurch werden die Zuständigkeiten neu verteilt, und das Bundesministerium für Wirtschaftsstandort und Digitalisierung existiert nicht mehr. Bedingung ist immer, dass sich die Koalitionspartner untereinander einig sind, um die parlamentarische Mehrheit zu erreichen und so das geänderte Bundesministeriengesetz abzusegnen.

Staatssekretäre werden ebenfalls angelobt

Wichtiger Bestandteil der Bundesregierung sind neben dem Kanzler, Vizekanzler und den Ministern auch die Staatssekretäre. Sie werden zur Unterstützung im Ministerium bestellt und werden wie die Bundesminister vom Bundespräsidenten angelobt. Die genaue Anzahl an Personen, die diese Funktion ausüben, ist ebenfalls nicht festgelegt und kann variieren. Rekordhalter ist unter anderem die Regierung Schüssel II (2003 bis 2007) mit insgesamt sechs Staatssekretären. (Max Stepan, 10.5.2022)