Werner Faymann machte im Mai 2016 den Auftakt zu den traditionellen Mai-Rücktritten.

Foto: Robert Newald

Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Margarete Schramböck (ÖVP) mussten kitten, was Norbert Hofer (FPÖ) verhaut hatte: Sie lenkten die Tradition der Mai-Rücktritte wieder in geregelte Bahnen. So gehört sich das, war immer so, muss so sein.

Wobei, zumindest seit 2016 war das so: 2016 Werner Faymann (SPÖ), 2017 Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Eva Glawischnig (Grüne), 2018 Matthias Strolz (Neos), 2019 Heinz-Christian Strache (FPÖ), 2020 Ulrike Lunacek (Grüne). Hofer wagte 2021 das Unwagbare und wartete bis zum 1. Juni. Der aktuelle Doppelrückzug bringt zumindest die jüngste Statistik ins Reine.

Apropos Statistik. Seit dem Kabinett Kurz I traten vierzehn Regierungsmitglieder zurück. Sieben davon in einem Mai. Man muss keine Formel aufstellen, um die Auffälligkeit zu sehen. Die Häufung hat wohl wenig mit dem traditionell im Mai anberaumten Song Contest zu tun, wie FM4 mutmaßt, und auch nicht mit dem Muttertag. Selbst wenn die Familie oft eine Rolle in Rücktrittsreden spielt – siehe Glawischnig. Gernot Blümel (ÖVP) und Sebastian Kurz (ÖVP) allerdings, beide ihre Vaterschaft betonend, traten im Dezember zurück, übrigens auch weit entfernt vom Vatertag. Beide jetten nun in der Privatwirtschaft um den Globus.

Und das hat wohl auch nichts mit dem Towel Day zu tun, der alljährlich am 25. Mai stattfindet. Dabei geht es nicht darum, das Handtuch zu werfen, sondern um Douglas Adams’ Per Anhalter durch die Galaxis – wo ein Handtuch als brauchbar für interstellare Reisen beschrieben wird.

Betrachtet man die Zeitspanne seit Kurz I, wird da eine andere Reise relevant: jene von Strache nach Ibiza. Nachdem die am 17. Mai 20219 publik geworden war, ging er. Mehr oder minder freiwillig folgte der Rest des blauen Regierungsteams. Das hob den Schnitt.

Davor war Faymanns Rücktritt der einzige mit tatsächlichem Mai-Bezug: Am Tag der Arbeit wurde er übel ausgebuht, wenige Tage später war er weg. Die Rückzüge in den Folgejahren waren ohne erkennbaren kalendarischen Bezug, die Motivationen unterschiedlich – man darf von Zufällen ausgehen.

Oder davon, dass sich die Spitzenpolitik eine Bauernweisheit zu Herzen nimmt: "Donner im Mai führt guten Wind herbei", heißt die. (elas, 11.5.2022)