Kloibmüller war jahrzehntelang eine Machtzentrale im Innenministerium.

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Wien – Franz Lang hat viel erlebt: die Brandtragödie von Kaprun als Ermittler; die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei als Experte im Innenressort; und zuletzt fast alle aufmerksamkeitsträchtigen Kriminalfälle, war er doch von 2008 bis 2020 Leiter des Bundeskriminalamts.

Trotz einer so langen Karriere gab es gegen Ende seiner Amtszeit immer noch Dinge, die Lang aus der Ruhe brachten: etwa Vorwürfe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen einzelne Beamte.

Anonyme Hinweisgeber – abtrünnige Verfassungsschützer, wie man heute vermutet – hatten die WKStA ja davor gewarnt, dass in der nach dem Ibiza-Video gegründeten Soko Tape mehrere Beamte mit ÖVP-Nähe untergebracht worden seien. Die Staatsanwälte prüften daraufhin einzelne Beamte (etwa per Google-Suche) und beschwerten sich bis hinauf zum damaligen Justizminister Clemens Jabloner. Der hielt fest, dass Beamte nebenberuflich politische Funktionen ausüben dürften und allein dadurch noch keine Befangenheit gegeben sei. Im Verhältnis zwischen Ermittlern und WKStA knirschte es seither gewaltig. "Diese an den Haaren herbeigezogenen Befangenheitsvorwürfe schmerzen mich", erklärte Lang am Dienstag im U-Ausschuss. Es sei nicht möglich, "Gesinnungsverhöre" bei einzelnen Beamten durchzuführen.

Vorprogrammierter Streit

Den damaligen Soko-Tape-Leiter Andreas Holzer habe Lang selbst auf Befangenheit geprüft und keine festgestellt. Laut Lang sei es nach dem Erscheinen des Ibiza-Videos "selbstverständlich" gewesen, dass die Polizei eine Sonderkommission (Soko) benötigen würde, um die Ermittlungen bewältigen zu können. Er persönlich sei dagegen gewesen, dass zwei Staatsanwaltschaften (Wien und WKStA) tätig werden, weil man "aus Erfahrung" wisse, wie schwierig das sein könne.

Für die Leitung der Soko Tape habe Lang dann Andreas Holzer ausgesucht, weil der Erfahrung mit "hohem Druck" habe. Warum war eigentlich das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) nicht tätig geworden, um die Ibiza-Ermittlungen durchzuführen? Laut Lang sei der BAK-Chef eigentlich "auf eine Einbindung vorbereitet" gewesen. Den Wunsch, das BAK zu schneiden, habe er nicht wahrgenommen.

Kein Zugriff auf die "BMI-Chats"

Keine relevanten Wahrnehmungen zum Ibiza-Video und zur Soko Tape hatte naturgemäß Michael Kloibmüller: Als der berühmte Clip erschien, war er längst in die Privatwirtschaft gewechselt. Nur wenige Wochen hatte es Kloibmüller im Innenministerium gehalten, als Ende 2017 Herbert Kickl dort Hausherr geworden war. Zuvor hatte Kloibmüller das Ministerium geprägt wie kein anderer, zuletzt jahrelang als Kabinettschef.

Gestohlene Handydaten, die mittlerweile der Staatsanwaltschaft und einzelnen Medien vorliegen, illustrieren, wie Kloibmüller in dieser Zeit agiert hat: Teils wurde Beamten, die politisch nicht der ÖVP zugeordnet wurden, der Aufstieg verwehrt; teils deponierten Bekannte und Politikerinnen wie Ex-Ministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP, jetzt Landeshauptfrau in Niederösterreich) Personalwünsche für den Verwandtenkreis.

Zu all dem gab sich Kloibmüller nur wortkarg: Obwohl die Staatsanwaltschaft Wien bereits seit Frühjahr 2021 einen USB-Stick mit seinen Chats besitzt, habe er noch keine Einsicht in seine Daten erhalten. Daher könne er sich zu vorgelegten Chats nicht äußern. Noch dazu wird bei der StA Wien gegen ihn ermittelt, bei der WKStA zumindest ein Anfangsverdacht geprüft. Dabei geht es um den Fall Jelinek, als der Aufstieg der Beamtin Andrea Jelinek zur Wiener Landespolizeivizedirektorin mutmaßlich verhindert werden sollte, und um sechs weitere Fälle. Ob an Kloibmüller Anliegen und Wünsche herangetragen wurden? "Das wird so gewesen sein", antwortete der ehemalige Spitzenbeamte lapidar.

Nicht alle Chats würden bedeuten, dass er Anliegen auch weitergetragen habe, meinte Kloibmüller. Zum Fall rund um Eva Marek und ihren Groll gegen Justizminister Wolfgang Brandstetter konnte er sich nicht mehr genau erinnern. Auch wisse er gar nicht, ob die Chats nicht manipuliert worden seien. Einsicht in seine Chats habe er bis heute nicht.

Die Opposition thematisierte auch mehrere Konstruktionen, mit denen "befreundete" Agenturen gute Aufträge erhielten. Kloibmüller verwies in dem Zusammenhang darauf, dass eine der angesprochenen Agenturen auch für das damals rote Verteidigungsressort tätig gewesen sei. Das Kuratorium Sicheres Österreich (KSÖ) sei sicher keine parteipolitische Veranstaltung, bei dessen Mitgliedern handle es sich um "honorige Personen aus der Wirtschaft".

Am Mittwoch, ist Soko-Tape-Chef Dieter Csefan geladen, sein Vorgänger Andreas Holzer hat krankheitsbedingt abgesagt. (Fabian Schmid, Renate Graber, 10.5.2022)