Der Ex-Kanzler zieht vor dem Kamin mit kaltem Holz Resümee. Kritische Fragen stellt ihm hier niemand.

Foto: Servus TV

Wer sich lieber keine knallharten Politdokus ansehen will, die auf der Suche nach der Wahrheit unangenehme Fakten aufdecken oder einen desillusionieren könnten, war am Mittwochabend auf Servus TV bestens bedient.

In "Kurz mal weg" darf Sebastian Kurz ein halbes Jahr nach seinem Rückzug aus der Politik noch einmal die Welt erklären. Seine Welt. "Ehrlicherweise" sagt er da oft vor einem Kamin mit kaltem Holz sitzend, immer wieder hebt er die Hände, als müsse er kritische Nachfragen abwehren – die ihm hier niemand stellt. Unterlegt ist das Ganze von schönen Bildern aus der Ära Kurz, von denen es ja genügend gibt: Kurz mit den Mächtigen dieser Welt, auch mit Putin, Kurz umjubelt von türkis gewandeten Fans in der Wiener Stadthalle, Kurz mit Soldaten, Kurz allein auf einem einsamen Feldweg, Kurz als Manager der Pandemie.

Zeitzeugen kommen auch zu Wort: gerührte (Elisabeth Köstinger), bedauernde (Erwin Pröll), sachliche (Niki Popper), verteidigende (Manfred Ainedter) und viele Politbeobachter, von denen zumindest einer etwas Kritisches sagt – über die Demontage von Reinhold Mitterlehner durch Sebastian Kurz.

Ob Ibiza oder Chats: Heikles lässt der Ex-Kanzler mit professionell unbedarfter Mimik abperlen: "Mythen und Gerüchte". Leichtgläubig sei man gewesen. "Das Thema Aussage im U-Ausschuss" habe er "irgendwie im Kalender untergebracht und dem überhaupt keine Bedeutung zugemessen." "Dass man da angezeigt werden könnte, was Falsches gesagt zu haben", daran habe er "im Traum nicht" gedacht. Aus der Traum. Nach dem Comeback gefragt, sagt er: "Bin noch immer da, aber nicht mehr in der Politik. Das bleibt auch so. Für immer." (Colette M. Schmidt, 12.5.2022)