PR, die kostet: 5,6 Millionen Euro für Werbung gab die Wiener MA 48 in zwei Jahren aus.

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Im Prüfungszeitraum 2017 bis 2019 stand die MA 48 unter der Verantwortung der nunmehrigen Verkehrsstadträtin Ulli Sima (im Bild), seit der Wien-Wahl 2020 ist Jürgen Czernohorzsky Ressortchef (beide SPÖ).

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Wien – Es ist ein Fuhrpark, der alle Stückerln spielt: vom Motorrad bis zum Flugzeug – nur mit dem Einsammeln von Müll hat das wenig zu tun. Der Wiener Stadtrechnungshof tadelte in einem Bericht die Oldtimerflotte der MA 48 (Abfallwirtschaft, Straßenreinigung, Fuhrpark), die nichts mit dem Kerngeschäft zu tun hat, aber in der Erhaltung Geld kostet. Es ist ein Beispiel, insgesamt gab es Kritik an den Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit – und dafür auch scharfe Worte der Opposition.

Kernpunkt der Rechnungshof-Kritik: "Eine valide Aussage über die tatsächlichen Ausgaben der geprüften Stelle für die Öffentlichkeitsarbeit konnte somit vom Stadtrechnungshof Wien nicht getätigt werden", stand in dem 97-seitigen, am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Außerdem hätte der Stadtrechnungshof bei den vielfältigen Tätigkeiten der Öffentlichkeitsarbeit nicht in jedem Fall deren Zweckmäßigkeit erkennen können.

Die Prüfer hatten sich der Thematik auf Ansuchen der FPÖ angenommen. Im Prüfungszeitraum 2017 bis 2019 stand die MA 48 unter der Verantwortung der nunmehrigen Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), seit der Wien-Wahl 2020 ist Jürgen Czernohorzsky (SPÖ) Ressortchef. Die MA 48 ist bekannt für markige Kampagnen, dazu zählten etwa "Sei kein Schweindl" oder "Statt untern Teppich kehren, einfach in den Kübel leeren!" zu achtlos weggeworfenem Müll.

Stichprobenartige Überprüfungen

Laut den dem Stadtrechnungshof übermittelten Unterlagen seien in dem Zeitraum rund 5,6 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben worden. Allerdings seien bei den stichprobenartigen Überprüfungen der Buchungen zusätzliche Positionen gefunden worden, die eigentlich der Öffentlichkeitsarbeit zuzurechnen wären – beispielsweise in puncto Bewirtungskosten.

Weiters war bei so einigen Werbeausgabe der Mehrwert nicht klar – etwa bei der Veranstaltung "Marxer Alm / Winteropening 2018". Dabei präsentierten sich Skiregionen aus dem Salzburger Land und luden zum Auftakt des "Partywinters" in die Marxer Halle.

Ebenfalls Zweifel gab es bei manchen Tätigkeiten, ob die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit als Handlungsmaxime galten. Ein Beispiel: "So wurden für Veranstaltungen und Catering eine Vielzahl an Ausgaben getätigt, bei denen es sich für den Stadtrechnungshof Wien nicht erschloss, dass diese in dem Ausmaß erforderlich waren. Zum Beispiel wurden für die Öffentlichkeitsarbeit im Zuge des jährlich stattfindenden und in der öffentlichen Wahrnehmung etablierten Mistfestes in den Betrachtungsjahren 2017 bis 2019 jährliche Ausgaben von rund 100.000 Euro für Inseratenschaltungen in mehreren Tageszeitungen ausgegeben."

Kritik an Oldtimerflotte

Darüber hinaus beschäftigten sich die Rechnungshof-Prüfer auch mit dem Fuhrpark der MA 48. Dabei rückte deren Oldtimer/Museumsfahrzeugflotte in den Fokus. Davon gab es zum Erhebungszeitpunkt 38 Stück. Manche hätten einen Bezug zum Aufgabengebiet der MA 48 (zum Beispiel Müllfahrzeuge aus den 1960er-Jahren), andere nicht (Beispiele: ein Hubschrauber, ein Militärflugzeug oder ein Mehrzweckflugzeug, ein London-Taxi Baujahr 1977, Motorrad mit Beiwagen, Baujahr 1990).

Der wesentliche Grund für die Stücke sei, neben der Öffentlichkeitsarbeit in der Lehrlingsausbildung einen zusätzlichen Anreiz zu bieten: "Durch die Restaurierung von Oldtimern oder sonstigen historischen motorbetrieben Stücken sollte die Qualifikation der Lehrlinge erweitert werden. Darüber hinaus waren aus der Sicht der geprüften Stelle diese Projektarbeiten auch dazu geeignet, die Attraktivität und Vielfältigkeit der Lehrlingsausbildung innerhalb der Stadt Wien zu bewerben", hieß es im Bericht dazu. Die einsatztauglichen Geräte wurden auch bei Veranstaltungen genutzt, zum Beispiel bei den "Vienna-Classic-Days".

Die bisherigen Anschaffungskosten der historischen Flotte beliefen sich laut Bericht auf insgesamt 27.783 Euro, die Ausgaben seit der jeweiligen Anschaffung auf rund 367.000 Euro, wobei manch Gefährt in der Instandhaltung durchaus ausgabenintensiv sei – beispielsweise der Hubschrauber.

Nicht alles nachvollziehbar

Der Stadtrechnungshof konnte der Argumentation der verantwortlichen Stellen zur Existenz dieses Fuhrparks "durchaus folgen" und anerkannte die diesbezüglichen Bestrebungen in der Motivation der Lehrlinge. Aber nicht nachvollziehbar war für die Prüfer, dass dabei die Kostenfrage, die sich aufgrund der Anschaffung, Restaurierung und Erhaltung dieser Fahrzeuge stelle und somit die Kriterien der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht im Handlungsfokus der geprüften Stelle stünden.

Eine vereinzelte Anschaffung von Oldtimern beziehungsweise Museumsstücken erschien dem RH zweckmäßig, in erster Linie sollten jedoch vorhandene Ressourcen genutzt werden. Der Nutzen der Gefährte für die Öffentlichkeitsarbeit konnte "nur begrenzt" nachvollzogen werden.

Insgesamt gab es seitens der Prüfer eine gewisse Anerkennung für die Bemühung der MA 48 beim Erlangen des Prüfungsziels bei der Evaluierung der Ausgaben: "Der Stadtrechnungshof Wien verkannte nicht das hehre Bemühen der geprüften Stelle, möglichst vollständige und aussagekräftige Unterlagen im Zuge der Prüfung zu übermitteln, erkannte jedoch ein Verbesserungspotenzial in der diesbezüglichen Sorgfalt. Es war deshalb der geprüften Stelle zu empfehlen, mehr Augenmerk auf die Unterlagenerstellung und Unterlagendokumentation sowie die korrekte Zuordnung der einzelnen Ausgabenpositionen zu legen."

MA 48 verspricht Umsetzung von Empfehlungen

Weiters wurde der Magistratsabteilung unter anderem nahegelegt, eine Kostenstelle für die Öffentlichkeitsarbeit einzurichten oder für Öffentlichkeitsarbeit geeignete Messindikatoren für die Bewertung des Mitteleinsatzes sowie einer Wirksamkeitskontrolle zu implementieren. In einer Stellungnahme versprach die MA 48 die Umsetzung der Empfehlungen.

Kritik an der MA 48 kam aufgrund der Ergebnisse von den Oppositionsparteien. Die Grünen, bis 2020 und damit im Prüfzeitraum Teil der Wiener Stadtregierung, stießen sich an der Höhe der Ausgaben. Die MA 48 gebe "mehr Geld für Werbung aus als Burgenland, Kärnten und Salzburg insgesamt", hieß es in einer Aussendung von Klubobmann David Ellensohn. Dabei wurde festgestellt: "Die MA 48 macht gute Arbeit, jedes Jahr zwei Millionen Euro für Eigenwerbung ist aber nicht notwendig und Geldverschwendung."

Die FPÖ ortete eine "Millionenverschwendung" und forderte die sofortigen Rücktritte von Sima und MA-48-Leiter Josef Thon. Ein "besonderer Skandal" ist laut dem blauen Landeschef Dominik Nepp die Oldtimerflotte. Er plädierte für "weg mit Kampfjet, Mehrzweckflugzeug und Hubschrauber". Außerdem kündigte er an, die Einbringung einer Anzeige gegen Thon zu prüfen: "Es werden auch strafrechtliche Fragen aufgeworfen, wenn Steuermittel verwendet werden, um Dinge zu finanzieren, die möglicherweise mehr der persönlichen Belustigung dienen, als dass sie einen Mehrwert für die MA 48 hätten."

"Entsorgt Steuergeld"

Für die Wiener ÖVP habe der Stadtrechnungshof-Bericht "ganz klar" gezeigt: "Die MA 48 entsorgt das Steuergeld der Wienerinnen und Wiener", sind Klubobmann Markus Wölbitsch und Gemeinderatsmandatar Michael Gorlitzer überzeugt. Sie forderten Stadtrat Czernohorszky auf, "schleunigst" gegenzusteuern.

Zur Verteidigung der MA 48 rückte SPÖ-Gemeinderatsmandatarin Nina Abrahamczik aus. Eine erfolgreiche Abfallwirtschaft brauche Öffentlichkeitsarbeit und die Einbindung aller Bewohnerinnen und Bewohner, betonte sie in einer Aussendung. "Dafür muss die Bevölkerung regelmäßig informiert, motiviert und aktiviert werden – das sieht auch der Stadtrechnungshof so. Und angesichts des dramatischen Klimawandels ist eine solche Öffentlichkeitsarbeit wichtiger denn je." (APA, 11.5.2022)