Zwei Monate nach dem Start steht es sehr schlecht um "Babylon's Fall".

Foto: Square Enix

Dass bisher gute Leistungen kein Garant für dauerhaften Erfolg sind und die Umsetzung eines Onlinegames spezielle Herausforderungen mit sich bringt, diese Erwartung musste das Studio Platinum Games in den vergangenen zwei Monaten machen. Die Firma hinter "Nier Automata" und "Bayonetta" startete mit Square Enix als Publisher das Online-Action-Rollenspiel "Babylon's Fall" als Vollpreistitel um 70 Euro.

Eine mäßig interessante Story trifft, so die Pressekritiken, auf ein einigermaßen brauchbares Kampfsystem und riesige Mengen an Ausrüstung, deren Attribute aber wenig aussagekräftig sind. Dazu kommen zahlreiche Gegenstände und andere Spielelemente, deren Nutzen das Spiel nicht erklärt. Die Mischung überzeugte nicht, die Nutzerzahl rasselte dramatisch nach unten.

Vor einem Monat beteuerten die Entwickler noch, dass das Game nicht in Gefahr sei. Mit allerlei Updates und einer Umfrage versuchten sie, den Trend zu stoppen. Dennoch waren die Server von "Babylon's Fall" am frühen Morgen des 4. Mai laut den Steam-Statistiken ausgestorben. Oder besser: fast ausgestorben. Ein einzelner Spieler tummelte sich, unbeeindruckt von den Mängeln des Titels, immer noch in den virtuellen Landen von Babylon. Das Games-Medium "Rock Paper Shotgun" hat ihn interviewt.

Ist nur die Grafik das Problem?

Bei dem Einzelkämpfer handelt es sich um Dashiell Wood, der ebenfalls "aus der Branche" kommt. Er schreibt für "Gfinity", eine in Großbritannien ansässige E-Sport-Seite. Gefragt, was ihn an dem Spiel eigentlich reize, gab er zu Protokoll: "Ich denke, sein Appeal ist seine Unbeliebtheit. Obwohl es ein MMO ist, redet niemand darüber, und ich kann mir nicht vorstellen, dass viele es jemals gespielt haben." Es habe einen gewissen Reiz, einer der wenigen zu sein, die das Game erlebt haben. Die Erfahrung sei zwar nicht unbedingt gut, aber definitiv einzigartig.

Zuletzt war er in dem Spiel unterwegs, um sich neue Items anzusehen, die im Rahmen einer Kooperation mit der eigenen Marke "Nier" veröffentlicht wurden. Die meiste Zeit verbrachte er damit, den Ingame-Store zu finden, da der "Hub" – jener Level, der als zentrale Anlaufstelle für die Spieler zwischen ihren Abenteuern fungieren soll – nicht besonders übersichtlich aufgebaut sei.

Square Enix

Im Gegensatz zu vielen Kritikern sieht Wood nicht das Gameplay als zentrales Problem, sondern die Grafik. Alles sei mit düsteren, braunen Filtern überlagert. Screenshots und Videos des Spiels wirkten dementsprechend wenig einladend. Trotz Patches mit Änderungen an der Darstellung ist dies seiner Ansicht nach immer noch ein großes Problem. An sich bringe "Babylon's Fall" alle Grundlagen eines guten Spieles mit.

Das Abenteuer soll weitergehen

Allerdings ist Woods Geschmack nicht unbedingt mehrheitsfähig. Er hat unter anderem "Left Alive" und "Balan Wonderworld" ausgespielt, zwei Titel, die von der Games-Presse und Spielern mit nicht sehr viel Wohlwollen bedacht wurden. Auch bei "Babylon's Fall" will er das Ende der Handlung erreichen. Das könnte sich freilich schwierig gestalten, denn manche Herausforderungen in dem Game sind nur im Zusammenspiel mit anderen Teilnehmern zu bewältigen. Selbst zu Spitzenzeiten ist die Spielergemeinde nur noch sehr klein und liegt mittlerweile bei unter 50 Abenteurern, die gleichzeitig in dem Game unterwegs sind.

Foto: Steam Charts

Ein anderes unbeliebtes Onlinegame hat er derzeit nicht auf dem Radar. Der besondere Reiz an "Babylon's Fall", so vermutet er, sei, dass es wohl noch keine AAA-Produktion dieser Art gab, die derart unbeachtet geblieben ist: "Selbst Titel wie 'Battleborn' oder 'Lawbreakers' hatten ihre paar Wochen im Rampenlicht." (gpi, 11.5.2022)