Eine qualitativ hochwertige und gut leistbare Versorgung steht auf der Prioritätenliste der Österreicherinnen und Österreicher ganz oben. Gleich danach folgt gute Pflege.

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Das Gesundheitswesen steht vor großen Herausforderungen. Die Gesellschaft altert, chronische Krankheiten nehmen zu und die familiären Pflegepotenziale ab – und gleichzeitig droht Ärzte- und Pflegekräftemangel. Hinzu kommt: Die Zufriedenheit mit der österreichischen Gesundheitsversorgung und das subjektive Gesundheitsgefühl sind gesunken, wie eine Umfrage des Austrian Health Forum (AHF) ergab. Lösungen für die drängenden Probleme werden bis zum 14. Mai in Schladming gesucht.

Eine der Diskussionsgrundlagen bietet eine Umfrage zur Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem der Österreicherinnen und Österreicher. Das Team von Demox Research hat in Kooperation mit dem Austrian Health Forum, das in diesem Jahr zum dritten Mal sein Netzwerktreffen in Schladming abhält, eine österreichrepräsentative Umfrage unter rund 1.000 Personen online durchgeführt. Teile der im April 2022 durchgeführten Befragung werden in diesen Tagen auch beim Netzwerktreffen in Schladming präsentiert.

Deutlich weniger Zufriedenheit als früher

Demnach gaben unter anderem 67 Prozent der Befragten an, dass sie mit dem heimischen Gesundheitssystem zufrieden sind – davon zeigten sich 51 Prozent "eher zufrieden" sowie 16 Prozent "sehr zufrieden". Im Gegensatz dazu brachten 30 Prozent ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck. Im Vergleich mit Umfragen anlässlich des AHF zeigt sich jedoch die Veränderung: Demnach betrug die Zufriedenheit im Mai 2019 noch 76 Prozent, im April und Mai 2020 lag sie zwischenzeitig sogar zwischen 81 und 90 Prozent.

"Nach Ausbruch der Corona-Pandemie haben viele die Bedeutung des Gesundheitssystems erkannt und waren dankbar für die in Österreich gute Versorgungslage. Allerdings sehen wir auch, dass die Bevölkerung sich jetzt mehr mit Gesundheitsthemen befasst und dementsprechend kritisch auf Versäumnisse blickt, was die Zufriedenheit nun wieder gesenkt hat", interpretierte Christoph Hörhan, Initiator und Programmdirektor des Austrian Health Forum, die Studienergebnisse vorab.

Gesunken ist seit Februar 2021 auch das subjektive Gesundheitsgefühl: Im April 2022 fühlten sich 70 Prozent "größtenteils" oder "völlig gesund und wohl", während es im Februar 2021 noch 77 Prozent waren. Im Gegensatz dazu fühlen sich 28 Prozent "eher weniger" oder "gar nicht gesund", während es im Februar des Vorjahres nur 18 Prozent waren.

Wunsch nach leistbarer, qualitativer Versorgung und Pflege

"Jetzt sind Systeminnovationen gefordert, die den Patientinnen und Patienten zugutekommen", betonte Hörhan im Hinblick auf das aktuelle österreichische Gesundheitssystem. Laut Umfrage sei vor allem "leistbare und qualitative Gesundheitsversorgung für alle" (61 Prozent der Befragten) wichtig. Im Ranking folgen "Pflege" (55 Prozent), "langfristige Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems" sowie die "medizinische Grundversorgung generell" und die "medizinische Grundversorgung auf dem Land" mit jeweils mehr als 40 Prozent Zustimmung. Unter den Top Ten der gewünschten Systeminnovationen finden sich auch "Jungärzte als Ärztenachwuchs", die "Verfügbarkeit von Behandlungsorten", "Forschung in Österreich", "Gesundheitsbildung von Jugendlichen" sowie "Vorbeugung von Zivilisationskrankheiten" mit Werten zwischen 38 und 29 Prozent.

Die Zukunft der Primärversorgung, die Frage, wie die wohnortnahe onkologische Versorgung verbessert werden kann, Pflege und Demenz und wie bei alledem digitale Gesundheitstechnologien helfen können, sind große Themen der Veranstaltung, die rund 300 Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitsbereich zusammenführt. In der Umfrage wurden auch diese Bereiche abgefragt: So nutzen 62 Prozent der Befragten bereits digitale Gesundheitsanwendungen auf ihrem Smartphone.

Hausärzte erste Anlaufstelle

Hausärzte sind für 68 Prozent der Befragten jedoch nach wie vor die erste Anlaufstelle bei Gesundheitsproblemen. 15 Prozent suchen zuerst im Internet, 13 Prozent wenden sich gleich an den Facharzt oder die Fachärztin, und zwei Prozent fahren sofort in eine Spitalsambulanz. Allerdings gibt es wesentliche Unterschiede nach Altersgruppen: Während unter den unter 30-Jährigen jeder Vierte bei medizinischen Problemen im Internet recherchiert, ist es in der Generation 60 plus nur jeder Zwanzigste. Umgekehrt gehen 80 Prozent der über 60-Jährigen direkt zur Hausärztin, während dies bei den unter 30-Jährigen nur bei 57 Prozent der Fall ist.

Die Ergebnisse würden zeigen, wie wichtig es für die Menschen ist, wohnortnah medizinisch betreut zu werden, interpretierte Hörhan. "Derzeit nimmt das Angebot an kassenärztlicher Betreuung aber monatlich ab. Umso dringender braucht es neue Angebote in der Primärversorgung."

Im Bereich Onkologie wurde gefragt, welche Art der Versorgung sich die Befragten bei Krebserkrankungen wünschen würden: 69 Prozent sprachen sich eher für hochspezialisierte Zentren aus, für die sie auch höhere Wegzeiten in Kauf nehmen würden. 19 Prozent plädierten für regionale Versorgungseinrichtungen mit allenfalls geringerem Angebot. Mit Blick auf Demenz zeigten sich 52 Prozent der Teilnehmer nicht besorgt, im Alter eine Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten zu erleiden. 38 Prozent zeigten sich sehr wohl besorgt. (APA, 12.5.2022)