Der Europarat hat seinen Sitz in Straßburg.

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Der Staat Kosovo hat am Donnerstag den ersten Schritt zur Bewerbung um die Mitgliedschaft im Europarat gesetzt. Die Regierung in Pristina hat die Initiative grundsätzlich genehmigt. Die kosovarische Außenministerin Donika Gërvalla-Schwarz wird nun das Beitrittsgesuch einreichen. Die Mitgliedschaft im Europarat mit 46 Mitgliedsstaaten bedarf einiger Schritte. Doch für den Beitritt reicht die Unterstützung von zwei Dritteln der Staaten – diese ist Diplomaten zufolge gegeben. Der Beitritt des Staates, der sich 2008 für unabhängig erklärt hat, wird auch von Deutschland unterstützt.

Bisher konnte der Kosovo einigen wichtigen Organisationen wegen des Vetos von Serbien und Russland nicht beitreten. Doch nach dem Ausschluss Russlands aus dem Europarat wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine am 16. März dieses Jahres hat sich die Tür für den Kosovo weiter geöffnet. Die Stimmung in vielen europäischen Staaten hat sich zuletzt auch wegen des Krieges gegen die Ukraine geändert. Es gibt nun etwa mehr Kooperationen zwischen Griechenland und dem Kosovo, obwohl Griechenland den Kosovo noch nicht anerkannt hat.

Gescheiterter Dialog

Insgesamt haben fünf EU-Staaten (Slowakei, Rumänien, Spanien, Griechenland, Zypern) haben den Staat Kosovo noch nicht anerkannt. Diplomaten aus diesen Staaten argumentieren aber, dass die Mitgliedschaft im Europarat auch eine Möglichkeit bieten könnte, dass Serbien und der Kosovo offene Fragen im internationalen Rahmen diskutieren. Serbien hat den Staat Kosovo auch nicht anerkannt. Es gibt auch keinerlei Anzeichen, dass Präsident Aleksandar Vučić dies tun könnte.

Auch der vom EU-Sonderbeauftragten Miroslav Lajčák geleitete Dialog zwischen dem Kosovo und Serbien war erfolglos. Das hat auch damit zu tun, dass Lajčák nicht das Vertrauen der Parteien genießt. Insbesondere in Deutschland gibt es die Auffassung, dass es nun wieder mehr Engagement auf dem Balkan braucht.

Der Europarat ist eine internationale Organisation für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa mit Sitz in Straßburg, Frankreich. Er wurde 1949 gegründet. Der Rat schützt Meinungs- und Medienfreiheit, Gleichberechtigung und Minderheiten in den Mitgliedsstaaten. Als internationale Organisation kann der Europarat keine Gesetze erlassen, hat aber die Fähigkeit, die Umsetzung internationaler Vereinbarungen zu fördern.

Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Zivilbevölkerung

Die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Jahr 2008 stützte sich auf zwei Argumente: erstens, dass Serbien zwischen 1989 und 1998 umfassende Menschenrechtsverletzungen gegenüber der eigenen Zivilbevölkerung begangen hat, und zweitens auf die UN-Resolution 1244, die von "einem politischen Prozesses mit dem Ziel, unter Berücksichtigung des Rambouillet-Abkommens den künftigen Status des Kosovo" zu klären, spricht. Der Kosovo war ab der jugoslawischen Verfassung von 1974 eine autonome Provinz, die wiederum den sechs Republiken fast gleichgestellt war. Unter Slobodan Milošević wurde die Autonomie der Provinz aufgehoben. (Adelheid Wölfl, 12.5.2022)