Wien – Die Fußballwelt fiel aus allen Wolken, als vergangenes Jahr zwölf Klubs aus England, Italien und Spanien mit der Super League ihren eigenen Hochglanzbewerb starten wollten. Das schnelle Ende ist hinlänglich bekannt. Deutlich mehr Anklang findet ein ähnliches Konzept beim American Football. Seit dem Vorjahr jagen in der European League of Football (ELF), einer professionellen europäischen Liga, Teams vom alten Kontinent dem Eierlaberl nach. Mit den Vienna Vikings und den Raiders Tirol stoßen heuer auch zwei heimische Teams dazu.

Größer, besser, amerikanischer – so lautet die Devise. Wie das Vorbild NFL auf der anderen Seite des Atlantiks ist die ELF als Franchisemodell organisiert. Wer mitmachen möchte, hat gewisse Anforderungen zu erfüllen, zum Beispiel muss der Spielbetrieb in eine Gesellschaft ausgegliedert werden. Dazu kommen Spielergehälter, Reisen, Organisation, all das kostet Geld. Hier kommt der österreichisch-amerikanische Wirtschaftsanwalt Robin Lumsden ins Spiel. Mit seinem Investment hat er es den Wikingern ermöglicht, in der ELF anzutreten.

Ab Juni messen sich die Vienna Vikings und die Raiders Tirol mit den besten Mannschaften aus fünf Ländern.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Stillschweigen über Preis

Wie viel Geld braucht ein Verein für einen solchen Schritt? Lumsden spricht von einem "substanziellen Betrag", Zahlen verrät er nicht. Allein die Kadergröße und der organisatorische Aufwand eines Footballteams lassen erahnen, dass es in den hohen sechsstelligen Bereich gehen dürfte. Lumsden hält einen Anteil im zweistelligen Bereich an den Vikings, größter Anteilhaber bleibt der Verein. Investiert hat er sein privates Kapital.

"Vikings-Heimspiele sollen als Events wahrgenommen werden, die Wien braucht", sagt Lumsden zum STANDARD in puncto Erwartungen. "Wenn wir uns in der Liga etablieren, steigen mittelfristig der Wert der Vikings und somit auch jener von meinem Investment." In den operativen Betrieb wolle er sich nicht einmischen, jedoch mit wirtschaftlichem Know-How und seinem Netzwerk aushelfen. Fürs Erste hofft Lumsden auf eine "volle Hütte" beim ersten Heimspiel gegen Frankfurt Galaxy am 12. Juni. Passenderweise spielen die violetten Vikings von nun an im Stadion der Wiener Austria.

Mehr Professionalität durch Investoren

Auch in der Wirtschaftsforschung sind Sportinvestments schon vor längerer Zeit angekommen. "Im Fußball gibt es zwei Arten von Investoren. Die einen sind Mäzene und suchen keine wirtschaftliche Rendite, da wird ein Klub zum Oligarchenspielzeug. Die anderen sind seriöse Investoren mit wirtschaftlichen Interessen", sagt Jakob Müllner, Assistenzprofessor am Institut für International Business an der WU Wien.

Er beschäftigt sich viel mit den Zusammenhängen zwischen Wirtschaft und Sport. "Untersuchungen zeigen, dass renditeorientiere Investoren für Professionalisierung sorgen und dem Verein guttun", sagt Müllner. Von den Fans werde das aber nicht immer mitgetragen. Bei Mäzenen komme es sehr auf die Umstände an, oft seien die Auswirkungen aber negativ. Zu Investments im Football oder anderen, kleineren Sportarten hat er allerdings keine belastbaren Daten.

Deutlich ist jedenfalls, dass professionelle Investoren mittlerweile auch bei mehreren Klubs einsteigen. Ein Beispiel ist etwa das Konstrukt rund um den FC Watford und Udinese Calcio, oder natürlich das Red-Bull-Konglomerat. "Über ein Holdingkonstrukt lassen sich sportliche, steuerliche und finanzielle Synergien schaffen", sagt Müllner. In solchen Strukturen sei es schwierig, sicherzustellen, dass Marktmechanismen wirklich fair eingehalten würden.

Ausbildungsliga

Vor allem die verstärkte mediale Präsenz soll der ELF Aufschwung geben und somit auch mehr Geld in die Kassen der Teams und der Liga spülen. In Österreich überträgt der TV-Sender Puls 24 alle Spiele der Vikings und Raiders live im Fernsehen bzw. im Internet, auch das Ligafinale am 25. September im Klagenfurter Wörthersee-Stadion. Zudem würden die ELF-Clubs von einer Einnahmenteilung profitieren. "Die Liga schießt etwas zurück an die Vereine. Uns ist es natürlich auch wichtig, dass die Teams auf finanziell stabilen Beinen stehen", sagt Patrick Esume. Der Deutsche ist Commissioner der europäischen Liga, Footballkommentator und ehemaliger NFL-Assistantcoach.

Erklärtes Ziel von Esume ist aber auch, eine "Ausbildungsliga" zu sein, um mehr europäische Spieler in die NFL zu bringen. "Wenn irgendwann zehn aus unserer Liga in die NFL gehen, dann habe ich verdammt viel richtig gemacht", sagte der 48-Jährige zum STANDARD und fügte hinzu: "Ich bin ganz guter Dinge, dass in vier, fünf Jahren Football fest europäisch etabliert ist, hinter dem Fußball als Nummer zwei." (Andreas Danzer, 13.5.2022)