Thriller aus dem Iran: Ein Drogengewinnler muss in "Just 6.5" erleben, wie sein Einfluss im Gefängnis schwindet.

Foto: Iranian Independents

Filmschauen, die sich einem ganzen Kontinent widmen, bringen in ihrer Generalisierung eine gewisse Unschärfe mit sich. Doch sie positionieren sich auch wacker gegen einen Mangel, was angesichts der Dominanz des US-Films und des hochgeförderten EU-Outputs umso wichtiger ist. Das erste Red Lotus Filmfestival, das bis Sonntag dem asiatischen Kino im Wiener Stadtkino ein Forum bietet, ist mithin ein Grund zur Freude für all jene, die sich für die Vielseitigkeit nationaler Kinematografien jenseits des Bosporus begeistern.

Preis für Chow Yun-fat

Und es ist gekommen, um zu bleiben: Heuer noch von überschaubarer Größe, soll das Festival in Zukunft expandieren. Schon jetzt gibt es mit dem Hongkong-Chinesen Chow Yun-fat, der in Filmen von John Woo und Ang Lee zum Star wurde, den ersten Preisträger eines Lifetime Achievement Award. Zur Ehrung ist Chow in Project Gutenberg als unergründliches Mitglied eines Falschgeldrings zu sehen, das die Polizei an der Nase herumführt.

ZFF Zurich Film Festival

Arbeiten aus China und Hongkong bilden den Hauptteil des Programms, danach rangieren Filmländer wie Japan und Korea. Back to the Wharf von Li Xiafeng reiht sich in die Serie chinesischer Neo-Noirs wie etwa jene von Lou Ye ein und entwirft vor dem Hintergrund realer Missstände wie Immobilienspekulation eine melodramatische Achterbahnfahrt rund um Familienkonflikte und die Chance auf Wiedergutmachung. Aus Korea kommt Heaven: To the Land of Happiness vom arrivierten Im Sang-soo, der in der Gangart eines Roadmovies zwei seltsamen Vögel (einer davon todkrank) auf ihrer Flucht begleitet, Choi Min-sik, bekannt aus Oldboy, und Park Hae-il macht ihre schiefe Tour sichtlich Vergnügen.

Ruppig und furios

Ungewöhnlicher sind die Perspektive zweier Filme, die ihre Genres für Gegenwartsdiagnosen ihrer Länder öffnen. In Mohammad Rabby Mridhas ruppigem Drama No Ground Beneath the Feet aus Bangladesch wird man zum Co-Piloten eines stressgeplagten Rettungsfahrers.

Einen furiosen Drogen- und Gefängnisthriller im Stile der 1970er hat der Iraner Saeed Roustayi realisiert. Just 6.5. erzählt anfangs von der Suche nach einem Drogenboss, um in einem überfüllten Zuchthaus zur beklemmenden Studie eines überforderten Rechtssystem zu mutieren, in der am Ende keiner aus Sieger aussteigt – interessanterweise wurde der Film in seinem Heimatland zum Blockbuster. (Dominik Kamalzadeh, 13.5.2022)