Wien – "Gesundheit statt Profit", "Applaus ist nicht genug" und "Es ist bereits fünf nach zwölf" war auf dutzenden Schildern zu lesen, als hunderte Pflegekräfte im Rahmen einer Demonstration am Donnerstagnachmittag auf die prekäre Situation in der Pflege aufmerksam machten. Nach Aufruf von verschiedenen Gewerkschaften wollten sie lautstark mit Pfeifen, Tröten und Sprechchören der Bundesregierung mitteilen, dass es unbedingt höhere Löhne und vor allem bessere Arbeitsbedingungen brauche, um den Pflegeberuf wieder attraktiver zu machen. Zuvor hatte die Bundesregierung am Donnerstagvormittag eine Reform in der Pflege angekündigt: Ein monatlicher Gehaltsbonus, eine Verbesserung der Pflegeausbildung und eine Erleichterung für pflegende Angehörige wurden in Aussicht gestellt.

Die Demonstrantinnen und Demonstranten forderten unter anderem mehr Personal und höhere Löhne.
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Die Demonstrierenden zeigten sich jedenfalls wenig beeindruckt von den Ankündigungen. Sie wünschen sich, dass den Worten auch Taten folgen und rasch Verbesserungen durchgesetzt werden. So auch Demonstrantin Tanja, die seit 20 Jahren als Pflegeassistentin beschäftigt ist: "Es gilt abzuwarten, wie die Regierung handelt. Seit Jahren wird über eine Pflegereform gesprochen, passiert ist aber meist nichts." Sie befindet sich derzeit in Ausbildung zur Diplomkrankenpflegerin, ihre Weiterbildung muss sie aus ihrer eigenen Tasche finanzieren. "So wird man keine neuen Menschen für den Beruf gewinnen können, wenn man selbst für die Ausbildung aufkommen muss, die Löhne aber gering sind", betont sie im Gespräch mit dem STANDARD.

Ausbildung muss attraktiver gemacht werden

Der Einstieg in den Pflegeberuf ist auch für viele junge Menschen Thema. Liz Hoffmann wird derzeit auf dem Campus Favoriten zum Pflegeassistenten ausgebildet. Er war in Vertretung für seine Schule demonstrieren und fordert bessere Bedingungen für die Pflegeausbildung: "Die Pflege benötigt ein besseres Ansehen und gute Arbeitsbedingungen, sonst wird man in Zukunft keine Jugendlichen mehr für einen Pflegejob gewinnen können." Für ihn gehen die Ankündigungen der Bundesregierung zu langsam, "die Enttäuschung war in den letzten Jahren groß, da zwar immer über Verbesserungen in der Pflege geredet wurde, umgesetzt wurde am Ende jedoch nichts".

Lautstark machten hunderte Pflegekräfte auf die Probleme in ihrem Arbeitsalltag aufmerksam.
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Die Wertschätzung des Pflegeberufs war bei vielen Demonstrierenden ein wichtiger Punkt. Als Heimhilfe ist Demonstrantin Andrea bereits seit Jahren beschäftigt, für sie ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen unumgänglich: "Es geht nicht nur um einen höheren Lohn, sondern auch um die Verbesserung unserer Arbeitssituation. Wir leisten einen wichtigen Teil für die Gesellschaft, uns fehlt es aber an Personal und an Respekt."

Die prekäre Situation an seinem Arbeitsplatz bewegte auch André zur Demonstration, er arbeitet als OP-Pflegekraft. "Ich gehe demonstrieren, damit sich etwas ändert in der Pflege und dass wir von der Bundesregierung gehört werden." Sollte der Pflegeberuf nicht attraktiver gemacht werden, gäbe es große Probleme in der Zukunft. Das meint Demonstrantin Christine, sie arbeitet in einem Krankenhaus als Pflegekraft und sagt: "Es gibt immer weniger Personal. Darum müssen die Arbeitsbedingungen verbessert werden, um einen Kollaps des Pflegebereichs zu verhindern." (Max Stepan, 12.5.2022)