Bernd Spalt verlängert seinen bis Juni 2023 laufenden Vertrag als Vorstandsvorsitzender der Erste Group nicht.

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Manchmal geht es schnell. Am Donnerstagnachmittag trat Bernd Spalt, Vorstandschef der Erste Group, noch am Sparkassentag im Congress Innsbruck auf. Er referierte zum Thema "Vision 2030" – das ist jenes Programm, das sich Erste Group und Sparkassen für die Zukunft auf die Fahnen geheftet haben. Es läuft unter dem Titel "Wir schaffen finanzielle Gesundheit", "financal health", wie das gern genannt wird.

Spalt, seit 32 Jahren in der Bank und seit 2020 ihr oberster Chef, trug die fünf Punkte vor, um die es dabei gehen soll, Schritt für Schritt werde man die Vorhaben umsetzen. Beim anschließenden Gala-Diner war er dann nicht mehr dabei.

Keine 18 Stunden später wurde bekannt, dass Spalt auch nicht mehr lang bei der Erste Bank dabei sein wird. In einer knappen Mitteilung gab das Institut bekannt, dass der 54-jährige Vorarlberger seinen bis Ende Juni 2023 laufenden Vertrag nicht verlängern werde. Grund: "Unterschiedliche Auffassungen über die zukünftige langfristige Gesamtausrichtung der Gruppe". Der Aufsichtsrat unter Friedrich Rödler werde sich auf die Suche nach einem neuen CEO machen.

Keinen Kompromiss gefunden

Offenbar haben sich die Vorstellungen Spalts zur Zukunftsgestaltung der Bank nicht mit jenen des Aufsichtsrats getroffen. Bei der Frage nach dem weiteren Wachstum, allfälligen Akquisitionen und den Wegen zu weiterer Digitalisierung sei man nicht zusammengekommen, heißt es in Bankkreisen. Die unterschiedlichen Ansichten seien nicht zu überbrücken gewesen. Als Mann für Kompromisse gilt Spalt nicht.

Spalt kam 2020 an die Spitze der Erste Group, als Nachfolger von Andreas Treichl. Von seiner Persönlichkeitsstruktur her wurde er stets als so etwas wie der Gegenentwurf von Treichl gehandelt. Letzterer war ja für seine große Präsenz, legeren Umgang und lockeren Auftritt bekannt. Spalt dagegen galt stets als der trockene und zurückgezogene Risikomann. Nähe zur Belegschaft soll er nicht aufgebaut haben, wie es heißt. Auch das Verhältnis zu seinem Vorgänger dürfte kühl gewesen sein. Das ist aber nicht unerheblich, weil Treichl Aufsichtsratschef des Erste-Stiftung ist, der Hauptaktionärin der Bank.

Spekulationen über Nachfolge

Spalt hat so gut wie sein gesamtes Berufsleben in der Ersten verbracht, der Risikoexperte war jahrelang in den Osttöchtern des Instituts aktiv. Aufsichtsratschef Rödler sprach am Freitag davon, dass "seine strategische Weitsicht, sein konsequentes Handeln und seine persönliche Integrität in den zahlreichen Krisen der Vergangenheit dazu geführt haben, dass die wichtigste Finanzgruppe im CEE-Raum so gut dasteht". 2021 hat die Erste ihren Gewinn auf 1,92 Milliarden mehr als verdoppelt.

Nun ist es am Aufsichtsrat, einen neuen Vorstandsvorsitzenden für die Bank zu finden. Intern gibt es schon Gerüchte, wer ihm nachfolgen könnte. Peter Bosek etwa, der selbst Erste-Group-Chef werden wollte und dem Spalt vorgezogen wurde und derzeit Chef der estnischen Bank Luminor ist – und nun auch jene Auslandserfahrung hat, die man für den Posten braucht. Oder Stefan Dörfler, der Finanzvorstand der Erste Group, der davor die Erste Österreich geleitet hatte.

Der Kurs der Erste-Group-Aktie ist am Freitag um 1,48 Prozent gestiegen, auf 28,06 Euro. (Renate Graber, 13.5.2022)