Die Branche der 24-Stunden-Betreuung wird in der Pflegereform noch ausgespart – soll aber auch geändert werden.

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Die am Donnerstag präsentierte Pflegereform wurde rundherum gut aufgenommen. Länder, Organisationen, Interessenvertretungen und selbst die Gewerkschaft lobten die präsentierten Pläne. Nur im Bereich der 24-Stunden-Betreuung blieb es still. Die wird in der Reform vorerst aber ausgespart.

Dabei ist sie eine wesentliche Säule des österreichischen Pflegesystems – zumindest seit sie legal ist. Lange existierte das Modell, 24-Stunden-Betreuerinnen aus dem Ausland nach Österreich zu bringen, unter dem Radar – 2007 wurde dies legalisiert und mittlerweile in ein Modell gegossen, das auf den ersten Blick das Beste für beide Seiten bringt: Für zumindest einen Teil der Pflegebedürftigen in Österreich ist es nun leistbar, rund um die Uhr zu Hause betreut zu werden. Und für die betreuenden Personen – der allergrößte Teil sind Frauen – ist der Lohn in Österreich besser als im Heimatland.

Nur: Die Beschäftigung ist höchst prekär. Der Stundenlohn liegt weit unter dem, was man in einem anderen Pflegejob bekommen würde – die Betreuerinnen werden in vielen Fällen in massive Abhängigkeit gedrängt. Die Pfleglinge bekommen teils keine adäquate Betreuung, weil es an Qualitätssicherung mangelt. Ändern sollte das seit 2019 ein Qualitätszertifikat für die Vermittlungsagenturen, bis heute ist das aber freiwillig. Dennoch werden in Österreich zwischen 25.000 und 30.000 Personen in dieser Pflegeform betreut – das sind fünf Prozent der Pflegegeldbeziehenden.

Valorisierung als erster Schritt

Am Freitag, einen Tag nach der Präsentation der Pflegereform, stellten sich also zahlreiche Branchenvertreterinnen vor die Presse und machten – einmal mehr – ihre Forderungen kund. Was sie sagen, ist alarmierend: Die 24-Stunden-Betreuung sei am Limit, das System gerate an den Rand des Zusammenbruchs, die Politik schaue weg.

Das liegt laut ihnen auch am Geld. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kündigte am Donnerstag an, man wolle zumindest die Förderung von 550 Euro pro Monat und Betreuungskraft valorisieren, also an die Inflation anpassen. Das sei das Mindeste, sagen die Vertreter und Vertreterinnen bei der Pressekonferenz sinngemäß. Man müsse die Förderung aber von 550 auf 680 Euro anheben, sagt etwa, Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich. Momentan gibt die öffentliche Hand 160 Millionen Euro pro Jahr für diese Förderungen aus.

"Wir haben es verdient, dass sich Klientinnen und Klienten nicht nur Kost, Logis oder die stark steigenden Anfahrtskosten ihrer Betreuerinnen, sondern auch die Bezahlung fairer Honorare leisten können", sagt dazu Bibiána Kudziová, selbst Personenbetreuerin und Berufsgruppensprecherin für Personenbetreuung in der Wirtschaftskammer Wien. Zusätzlich zur Valorisierung müsse man das Fördersystem aber auf neue Beine stellen, fordert Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. Man brauche ein Bonussystem, dass daran geknüpft ist, dass man eine zertifizierte Agentur in Anspruch nimmt.

Außerdem müsse sichergestellt werden, dass die Klientinnen und Klienten sich Qualitätssicherung leisten können – also dass regelmäßig eine Pflegefachkraft vorbeikommt. Denn die Betreuerinnen sind – zumindest offiziell – genau das: Betreuerinnen und keine Pflegerinnen. Diese Besuche durch Fachkräfte kosten Geld, auch da müsse die Politik finanziell mehr mithelfen, so eine Forderung.

222 Millionen Euro

Die Organisationen errechneten: Der budgetäre Mehraufwand für die Valorisierung liege bei insgesamt rund 37 Millionen Euro, dazu kämen etwa 109 Millionen Euro für den sogenannten "Fairnessbonus". Die Übernahme anteiliger Kosten für Qualitätssicherung durch diplomierte Pflegekräfte würde etwa 76 Millionen Euro kosten. Insgesamt komme man dann auf 222 Millionen Euro.

Eine Milliarde ist für die Pflegereform momentan angesetzt. Dass im Zuge dieser auch an der 24-Stunden-Betreuung geschraubt werden soll, wurde zumindest angekündigt. Details stehen aber noch aus. Recht vage heißt es in der Unterlage dazu nur: "Durch eine Verbesserung der arbeitsrechtlichen Bedingungen soll eine Attraktivierung der unselbstständigen Beschäftigung der 24-Stunden-Betreuung geschafft werden. Die selbstständige 24-Stunden-Betreuung ist davon unberührt und bleibt zusätzlich bestehen." Details sollen im heurigen Herbst fixiert sein. (elas, 13.5.2022)