Mountainbiken rund um Innsbruck ist wieder einmal Reizthema.

Foto: Carlos Blanchard

Innsbruck – Es hätte ein kleiner Feiertag für Mountainbikerinnen und Mountainbiker werden sollen. Nach jahrelangem Stillstand beim Thema legales Trail-Angebot hat es die "Bikecity Innsbruck" geschafft, endlich wieder eine Strecke zu realisieren. Der Stadtwald-Trail, als Anfängerstrecke in unmittelbarer Nähe des Arzler Alm Trails, überwindet auf 2,2 Kilometern Länge in flowig-leichter Manier 150 Höhenmeter. Ideal für Einsteiger und noch nicht so Geübte, um erste Trail-Erfahrung zu sammeln, hätte die Strecke am heutigen Samstag offiziell und im Beisein der lokalen Politik sowie der Mountainbikeszene eröffnet werden sollen.

Doch am Freitag folgte die überraschende Absage der geplanten Eröffnung. Offiziell hieß es seitens der Stadt Innsbruck, man verschiebe die Veranstaltung wegen des Wetters. Damit auch eine möglichst große Anzahl an Mountainbikerinnen und Mountainbikern daran teilnehmen kann. Inoffiziell war jedoch zu erfahren, dass die Radlerinnen und Radler ihre Teilnahme – unabhängig vom Wetter – abgesagt haben und die Politik wohl vermeiden wollte, den Trail allein einzuweihen.

Keine Lust auf Feiern

In der Innsbrucker Mountainbikeszene herrscht nämlich alles andere als Feierstimmung. Grund dafür ist eine Aktion scharf in den Wäldern rund um Tirols Landeshauptstadt. Mangels legalen Streckenangebots weicht man hier seit Jahrzehnten auf wohlbekannte, aber eben illegale Trails aus. Jeder kennt sie, auch die Aufsichtsorgane der Forst- und Bezirksverwaltungsbehörden. Und genau die patrouillieren seit geraumer Zeit entlang dieser Strecken. Wer auf frischer Tat, also beim Befahren eines nicht dafür freigegebenen Trails, erwischt wird, wird festgehalten, bis die Polizei kommt, und erhält eine Strafe.

Wie viele Mountainbikerinnen und Mountainbiker mittlerweile abgestraft wurden, ist nicht bekannt. Aber die Berichte darüber sind zahlreich, und dementsprechend verärgert zeigt man sich in der Szene. Seit Jahrzehnten verabsäumt es die Politik, ein entsprechendes Angebot zu schaffen. In den vergangenen sieben Jahren, seitdem die Bike-Community selbst trotz aller Widerstände den Arzler Alm Trail und den Hungerburg-Trail realisiert hat, ist in Innsbruck kein einziger Trail entstanden. Im Gegenteil, der legendäre, seit 2004 bestehende Nordkette-Singletrail wurde sogar geschlossen. Grund sind Streitigkeiten zwischen den zum Strabag-Konzern gehörenden Nordketten-Bahnen, die wenig Interesse am Trail haben, und der Stadt Innsbruck.

Viel Bedarf, kaum Angebote

Wie groß der Bedarf an legalen Strecken in und um Innsbruck wäre, zeigen Untersuchungen, die in den vergangenen Jahren angestellt wurden. Durch Auswertung von GPS-Diensten und Erhebungen konnten rund 110 Kilometer illegaler Trails im näheren Umkreis von Innsbruck ausgemacht werden. Offiziell gibt es mit dem Arzler Alm Trail und dem Hungerburg-Trail genau zwei legale Strecken. Mit mehr als 45.000 gezählten Fahrten pro Jahr sind diese beiden Strecken aber an der Kapazitätsgrenze für einen sicheren Betrieb angelangt.

Der Frust in der Szene sitzt tief. Denn abseits der Tourismuswerbung, die oft mit falschen Versprechungen lockt – Stichwort die unglückliche "You like it? Bike it!"-Kampagne unter der scheidenden Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) – werden Mountainbikerinnen und Mountainbiker mit ihrem Wunsch nach legalen Möglichkeiten zur Sportausübung ignoriert. Das geltende Forstgesetz verbietet das Radfahren im Wald generell.

Waldbesitzer sind "unzufrieden"

Die Lobby der Waldbesitzer scheint wiederum mehr Gehör zu finden. Diese seien "sehr unzufrieden", wie es in Einladungen hieß, die vor kurzem an Personen ergingen, die rund um Innsbruck Wald ihr Eigen nennen. Land Tirol und Planungsverband Innsbruck, in dem die Gemeinden der Region organisiert sind, luden an drei Terminen zu "Diskussionsabenden". Thema war die "illegale Inanspruchnahme von Wald" durch Radelnde, die viele Grundbesitzerinnen und -besitzer "äußert unzufrieden" mache.

Die erwähnten Erhebungen in den Wäldern um Innsbruck haben nämlich ergeben, dass auf Steigen und Wegen rund 50.000 Fahrten pro Jahr zu verzeichnen seien. Bisher durchgeführte Kontrollen hätten jedoch noch keine sichtbaren Erfolge gezeigt, weshalb man nun gemeinsam weitere Maßnahmen entwickeln und umsetzen wolle. Medien oder Nichtwaldbesitzende waren dezidiert nicht erwünscht. Man wolle unter sich bleiben, um frei sprechen zu können. Für Mountainbikerinnen und Mountainbiker wurde auf eigene Termine zu einem späteren Zeitpunkt verwiesen.

Stadtpolitik sucht nach Lösungen

Seitens der Innsbrucker Stadtpolitik verweist der für die Materie zuständige Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (ÖVP) Mountainbikerinnen und Mountainbiker auf weitere Trails, die in Planung seien. So soll noch heuer auf der Nord-West-Seite Innsbrucks eine knapp drei Kilometer lange Strecke entstehen. Auch im Süden würde man weiter Gespräche mit Nachbargemeinden führen, um Angebote realisieren zu können. Dass der Nordkette-Singletrail weiterhin geschlossen bleibt, bedauert Anzengruber. Doch auch hier versuche man weiter, eine Lösung durch Verhandlungen zu erreichen.

Die Innsbrucker Mountainbikeszene informierte am Freitag per Aussendung über die Gründe ihrer Nichtteilnahme an der Eröffnungsfeier:

"Nachdem in dieser Woche erstmals die Waldaufseher mit Unterstützung der Polizei im Waldgebiet unterwegs waren und die ersten Ordnungsstrafen angedroht wurden, haben wir uns dazu entschlossen, dass es nicht der richtige Zeitpunkt für eine Party ist. Mountainbiken ist großartig, und das gehört gefeiert, nur eben nicht an diesem Wochenende.

Ja, mehr legale Trails ist, was wir wollen. Wofür wir uns einsetzen. Seit Jahren. Doch wir stehen in erster Linie für die Mountainbike-Community in Innsbruck ein. Wie ihr wisst, arbeiten wir eng mit den Forstämtern von Stadt und Land zusammen, und hier ist man auch nach wie vor davon überzeugt, dass wir gemeinsam ein Angebot entwickeln müssen. Wichtig ist, hier zu unterscheiden, dass die Waldaufseher als Organ der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck-Land handeln und diese (offensichtlich) nicht mit dem Forstamt zusammenarbeiten und die Ämter hier keinen Einfluss haben.

In den letzten Monaten gab es bei der Bezirkshauptmannschaft Anzeigen bzgl. der Befahrung nicht freigegebener Wege und der Waldverwüstung (Anlegen von Trails auf Privatgrund). Darauf muss die Behörde reagieren, da sie sonst selbst wegen unterlassener Amtshandlung angeklagt werden kann. Wir möchten alle Mountainbiker:innen nochmal drauf hinweisen, dass die geltenden Persönlichkeitsrechte nur gegenüber der Polizei zu einer Preisgabe der Identität und 'Stehen bleiben' verpflichten. Wir prüfen aktuell unsere rechtlichen Möglichkeiten als Community." (Steffen Arora, 14.5.2022)