ORF-General Roland Weißmann geht mit einem unerfreulichen Lagebericht in den ORF-Stiftungsrat am Donnerstag.

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Wien – Gleich nach den ersten drei Monaten an der Spitze des weitaus größten Medienkonzerns im Land meldete sich ORF-General Roland Weißmann mit einer Art Gewinnwarnung bei seinen Stiftungsräten. Zwölf Millionen Euro Minus drohe dem Milliardenkonzern im ersten Jahr seiner Amtszeit – trotz GIS-Gebührenerhöhung einen Monat früher als kalkuliert. Das dürfte auch an weniger GIS-Zahlern als erwartet liegen.

25.400 GIS-Zahler bringen übers Jahr 5,5 Millionen Euro

In seinem ersten Quartalsbericht an die Stiftungsräte kündet Weißmann seinem obersten Aufsichtsorgan auch von deutlichen Planabweichungen bei den GIS-Haushalten. Aus aktueller Sicht sei nach kräftigen Rückgängen der Zahlungsbereitschaft – etwa mit Verweis auf reine Streamingnutzung – in den ersten Monaten 2022 zum Jahresende mit rund 25.400 zahlenden Haushalten mit Kombigebühr TV/Radio weniger zu rechnen. Diese Abmeldungen könnten auch selten viele Anmeldungen bei der GIS nicht ausgleichen.

Der ORF erhält von der Kombigebühr laut GIS "nach allen Abzügen" (auch für die Einhebung) 17,98 Euro pro Monat. 25.400 Haushalte mit Kombigebühr spielen demnach für den ORF pro Monat immerhin fast 457.000 Euro ein, im Jahr fast 5,5 Millionen Euro.

Wieviele Haushalte zahlen eigentlich GIS-Gebühren? Etwas mehr als drei Millionen Haushalte zahlen TV/Radio-Kombigebühr auf Jahresbasis, dazu kommen saisonal zahlende Zweitwohnsitze sowie Menschen, die alleine für Radio oder TV zahlen. Insgesamt rechnet der ORF für 2022 mit rund 3,6 Millionen Gebührenzahlenden.

Die jedenfalls im ersten Quartal 2022 hohe Zahl der Abmeldungen kostet den ORF laut Quartalsbericht einen Großteil der erhofften Zusatzeinnahmen durch das Inkrafttreten der GIS-Erhöhung schon mit Februar und nicht, wie ursprünglich geplant, mit März 2022. Diese Einnahmen waren, so hieß es ORF-intern, als Puffer für zusätzliche Produktionen und Projekte gedacht. Nun bleiben davon laut Quartalsbericht noch 0,4 Millionen Euro über Plan übrig.

Werbeerlöse über Plan, Verlust prognostiziert

Die Werbeerlöse indes sollen derzeit laut Quartalsbericht noch 1,4 Millionen Euro über dem Plan für 2022 liegen. Während Onlinewerbung stabil bleibt, legt vor allem das Fernsehen, aber auch das Radio etwas zu.

Unter dem Strich warnte Weißmann im Quartalsbericht vor einem Verlust von zwölf Millionen gegenüber einem – wie gewohnt – geplanten ausgeglichenen Ergebnis des Unternehmens ORF – erklärt mit Kosten der Pandemie, mit den Folgen des Ukraine-Krieges, mit der dramatischen Teuerung und der Entwicklung der Personalkosten. Gegensteuern will Weißmann unter anderem mit der nachdrücklichen Aufforderung zum Urlaubsabbau.

Lagebericht im Stiftungsrat

Der deutlich getrübte Ausblick sorgt auch für einen Programmpunkt bei der konstituierenden Sitzung des ORF-Stiftungsrats am kommenden Donnerstag: einen Bericht des Generals zur insbesondere wirtschaftlichen Lage des ORF.

Vorsitzender wird bestellt

Bei solchen ersten Sitzungen des obersten ORF-Organs in neuer Besetzung nach Ablauf einer Funktionsperiode stimmt der Stiftungsrat üblicherweise über die Besetzung der Ausschüsse insbesondere für Finanzen und Programm und deren Vorsitzende ab, zudem über den oder die Vorsitzende des Stiftungsrats und den oder die Stellvertreter.

Den Vorsitz im Stiftungsrat dürfte nach Norbert Steger (FPÖ) Berater Lothar Lockl übernehmen, nun auf einem grünen Parteimandat im Stiftungsrat. Er wurde zuletzt wegen Beratungsaufträgen für das Infrastrukturministerium und seiner bisherigen Beratung für Bundespräsident Alexander Van der Bellen kritisiert. Als Stellvertreter dürfte das langjährige ÖVP-nahe Stiftungsratsmitglied Franz Medwenitsch in die Verlängerung gehen, er ist auch Vorsitzender des Programmausschusses. Thomas Zach wiederum, Sprecher der ÖVP-nahen Stiftungsräte, ist seit langem Vorsitzender des Finanzausschusses. (fid, 13.5.2022)