Albin Egger-Lienz' "Totentanz" in einer Version der IV. Fassung, entstanden 1916. Eine Tiroler Privatstiftung hat das Werk 2021 für mehr als eine Million Euro ersteigert, der bislang höchste Auktionspreis für ein Werk des Osttiroler Künstlers.
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Eine Episode aus den Tiroler Befreiungskriegen sollte Albin Egger-Lienz 1906 in staatlichem Auftrag für die Moderne Galerie (heutiges Belvedere) malen, entstanden ist mit dem Totentanz von Anno Neun das berühmteste Motiv des Osttiroler Malers. Über mehr als ein Jahrzehnt hinweg und auch unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs hat er sich immer wieder damit beschäftigt, sechs Fassungen in unterschiedlichen Techniken (Öl, Kasein) und davon wiederum Varianten sind bis 1921 entstanden.

Man begegnet den Totentänzen von Egger-Lienz unter anderem im Belvedere, im Leopold-Museum, im Innsbrucker Ferdinandeum – und jetzt auch wieder im Museum Schloss Bruck in Lienz, der Heimatstadt des Künstlers. Eine anonym bleibende Tiroler Privatstiftung stellt das Werk, eine 1916 entstandene Variante der vierten Fassung, "auf unbestimmte Zeit, zumindest jedoch zehn Jahre" als Leihgabe zur Verfügung, wie das Museum am Freitag mitteilte.

Damit schließt sich in Lienz gewissermaßen ein Kreis in der Geschichte um den Totentanz, in der auch die posthume Vereinnahmung des Künstlers durch die Nationalsozialisten (Egger-Lienz starb 1926) eine unrühmliche Rolle spielt. Das Museum Schloss Bruck beherbergt neben Belvedere und Leopold-Museum eine der größten Sammlungen von Egger-Lienz-Werken, einen massiven Zuwachs erfuhren die Bestände in den Jahren 1938–1942, und zwar auch durch Werke, die jüdischen Sammlern abgepresst worden waren. Darunter der Totentanz in seiner fünften Fassung. Nach Provenienzforschungen wurde das Gemälde von der Stadt Lienz 2006 an die Erben der jüdischen Vorbesitzer zurückgegeben.

Die deutsche Operndiva Elisabeth Rethberg (1894–1976) erwarb den "Totentanz" vermutlich 1918 und nahm ihn mit in die USA.
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100 Jahre Auslandsaufenthalt

Es gelangte schließlich 2006 im Wiener Dorotheum zur Versteigerung, der Unternehmer Rupert-Heinrich Staller erwarb es um 912.000 Euro. Voriges Jahr vermeldete das Dorotheum dann einen neuen Rekordpreis für einen Egger-Lienz: Eine in Kasein gemalte Variante der vierten Fassung des Totentanz-Motivs wechselte damals für 1.031.900 Euro den Besitzer. Und ging an ebenjene Privatstiftung, die das Werk nun – über Vermittlung der Kunsthistorikerin und Egger-Lienz-Expertin Helena Pereña – in Schloss Bruck wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen will.

Öffentlich zu sehen war es das letzte Mal 1918 in einer Ausstellung der Kunsthandlung Emil Richter in Dresden. Dort dürfte es die deutsch-amerikanische Operndiva Elisabeth Rethberg erworben haben. Als Rethberg Anfang der 1920er-Jahre an der New Yorker Met engagiert wurde, nahm sie ihren Egger-Lienz mit in die neue Heimat. In den 1950er-Jahren verkaufte die Sängerin ihr New Yorker Haus an eine europäische Emigrantenfamilie – und den Totentanz gleich mit dazu.

Die neuen Besitzer, ihrerseits passionierte Kunstsammler, konnten zwar mit dem Namen des Künstlers nichts anfangen, das Gemälde soll trotzdem über Jahrzehnte hinweg einen Ehrenplatz in ihrem Wohnzimmer eingenommen haben. Nach einem glatten Jahrhundert Auslandsaufenthalt wurde es 2021 schließlich in Österreich zur Auktion eingebracht, wo die Werke von Albin Egger-Lienz bis heute die höchsten Preise erzielen. (Ivona Jelčić, 13.5.2022)