Manche Gegenden sind für Windkraft, Wasserstrom oder Solaranlagen besser geeignet als andere. Eine frühzeitige Widmung begrüßen sowohl Projektwerber als auch Umweltschutzorganisationen.

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Egal ob Behörde, Energieerzeuger oder Umweltschützer – in einem Punkt sind sich alle einig: Will die Europäische Union ihre Klimaziele erreichen, müssen Genehmigungsverfahren für Windräder, Wasserkraftwerke und Solaranlagen schneller werden.

Bei der Frage, wie das genau funktionieren soll, gehen die Meinungen aber diametral auseinander. Behörden fordern mehr Ressourcen, Umweltorganisation fürchten um ihre Verfahrensrechte, und Projektwerberinnen pochen auf Abstriche bei Landschaftsbild und Artenschutz.

Kommende Woche dürfte die Europäische Kommission im Rahmen eines Maßnahmenpakets nun aber einen Vorschlag präsentieren, dem wohl alle Seiten etwas abgewinnen können. Laut einem dem STANDARD vorliegenden Entwurf sollen Staaten künftig dazu verpflichtet werden, Land- oder Meeresgebiete auszuweisen, die für erneuerbare Energien geeignet sind. Projekte, die auf diesen Flächen geplant werden, müssten demnach innerhalb eines Jahres genehmigt werden. Die Frist soll nur unter "außergewöhnlichen Umständen" verlängert werden. Derzeit gilt EU-weit eine Maximaldauer von zwei Jahren, die aber oft nicht eingehalten wird.

Steiermark als Vorbild

Völlig neu ist die Idee, dass der Staat bestimmte Flächen schon vorab als geeignet ausweist, freilich nicht. Auch in Österreich haben mehrere Bundesländer, die laut der Verfassung für die Raumplanung zuständig sind, entsprechende Verordnungen beschlossen. "Eine Vorreiterrolle nimmt dabei die Steiermark ein, die drei Kategorien eingeführt hat", sagt Tatjana Katalan, Partnerin bei E+H Rechtsanwälte.

In "Vorrangzonen", die vom Land festgelegt werden, können Projektwerber direkt mit einem Genehmigungsverfahren starten. Dazu kommen Zonen, die laut dem Land "geeignet" sind, die die Gemeinden aber noch widmen müssen. In der dritten Kategorie, den sogenannten Ausschlusszonen, kommen Windkraftanlagen nicht infrage. Ähnliche Regelungen gibt es auch in Niederösterreich, im Burgenland und in Oberösterreich. In Salzburg ist derzeit eine Regelung in Planung.

Kürzere Prüfschritte

Eine Pflicht für die EU-Staaten, geeignete Zonen auszuweisen, wäre "absolut sinnvoll", sagt Katalan. Das zeige auch ein Blick in die Steiermark, wo Verfahren kürzer dauern als im Rest des Landes. Laut der Rechtsanwältin, die in Umweltverfahren Projektwerber vertritt, kommt ein weiterer großer Vorteil dazu: Gewidmete Flächen schaffen zwar keine absolute Sicherheit – schließlich muss jedes Projekt einzeln in einem Umweltverfahren (UVP) geprüft werden –, sie geben aber eine Richtung vor und ersparen Energieunternehmen Kosten und Mühen, weil sie ihre Erfolgschancen besser abschätzen können.

Ähnlich sieht das der Umweltjurist Gregor Schamschula vom Ökobüro, der in UVP-Verfahren häufig auf der anderen Seite des Tisches sitzt. Die Erfahrung habe gezeigt, dass Behörden Projekte, die in ausgewiesenen Flächen beantragt werden, schneller genehmigen. Bestimmte Fragen können dabei bereits im Vorfeld geklärt werden.

Manche Prüfschritte dürfen im nachfolgenden UVP-Verfahren daher kürzer ausfallen. Auch im Entwurf der EU-Kommission wäre dies so vorgesehen. "Solange die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht eingeschränkt wird, sind Zonierungen daher eine gute Idee", sagt Schamschula. Ob der Entwurf der Europäischen Kommission, der sich freilich noch ändern kann, diesen Anforderung genügt, müsse man abwarten.

Großes Paket geplant

Auch Christian Schmelz von Schönherr kann dem Vorschlag einiges abgewinnen. "Alles, was die Verfahren beschleunigt, ist begrüßenswert", sagt der Rechtsanwalt. Fraglich sei, wie die mögliche Pflicht konkret ausgestaltet ist. Wären Staaten etwa dazu verpflichtet, "hinreichend" Flächen zu widmen – also etwa einen gewissen Prozentsatz –, könnte das dem Ausbau der Erneuerbaren einen zusätzlichen Schub verleihen. Dass die Kommission tatsächlich so weit geht, gilt aber als eher unwahrscheinlich.

Die EU-Behörde wird am Mittwoch gleich ein Bündel an Maßnahmen vorstellen, um die Abhängigkeit Europas von Russland zu reduzieren. Abgesehen von den geplanten gewidmeten Flächen soll sich Anzahl der Solaranlagen bis 2028 mehr als verdoppeln. Im Fokus stehen dabei vor allem öffentliche Gebäude und Neubauten. Die EU-Kommission will zudem verstärkt auf grünen Wasserstoff setzen. Insgesamt seien dafür 195 Milliarden Euro veranschlagt. (Jakob Pflügl, 16.5.2022)