Das Mariupoler Stahlwerk steht weiter unter Beschuss.

Foto: IMAGO/Peter Kovalev

Erweist sich als wahr, was der Mariupoler Stadtratsabgeordnete Petro Andrjuschtschenko am Sonntag auf Telegram berichtete, hat sich die Zynismusspirale bei Russlands Militärs am Sonntag noch ein gutes Stück weitergedreht. Nicht nur sollen diese das seit Wochen belagerte und nach wie vor von etwa 1000 ukrainischen Kämpfern verteidigte Stahlwerk Azovstal in der zerstörten Hafenstadt mit verbotenen Phosphorbomben beschossen haben, die sich durch Kontakt mit Sauerstoff entzünden und verheerende Schäden anrichten.

Zynische Botschaften

Andrjuschtschenko veröffentlichte zudem – nicht auf ihre Authentizität überprüfbare – Bilder, die Aufschriften auf den Bomben zeigen sollen. Demnach sollen die russischen Angreifer damit auf den Sieg der Ukraine beim Eurovision Song Contest (ESC) reagiert haben. Auf den mutmaßlichen Bomben war demnach auf Russisch zu lesen "Kalusha, wie gewünscht! Auf Azovstal" und auf Englisch "Help Mariupol – Help Azovstal right now" (auf Deutsch: Helft Mariupol – Helft Azovstal sofort) mit dem Datum 14. Mai. Die bei dem Musikwettbewerb siegreiche Band Kalusha Orchestra hatte auf der Bühne in Turin diese Worte in einem Appell gesagt.

Insgesamt verläuft der Angriffskrieg Russlands britischen Informationen zufolge weit weniger erfolgreich, als vom Kreml gewünscht. Die Militärgeheimdienste ihrer Majestät schätzen, dass Russland möglicherweise bereits rund ein Drittel der im Februar für die Invasion der Ukraine aufgestellten Bodentruppen verloren hat. "Trotz kleiner anfänglicher Vorstöße hat Russland in den vergangenen Monaten keine substanziellen Territorialgewinne verzeichnet, während es kontinuierlich hohe Verluste hinnehmen musste", erklärte das Verteidigungsministerium am Sonntag in London.

Angriffe im Westen

Nach einer mehrtägigen Pause haben die russischen Truppen am Sonntag wieder Raketen gegen militärische Infrastruktur im Westen der Ukraine eingesetzt. Ein Objekt nahe Jaworiw in der Region Lwiw (Lemberg) soll komplett zerstört worden sein. Über Verletzte oder Tote war bis Sonntagabend nichts bekannt. Schon im März waren auf dem dortigen Truppenübungsplatz dutzende Menschen getötet worden. Der Angriff so weit im Westen der Ukraine nahe der Grenze zu Polen hatte damals für Entsetzen gesorgt. (flon, 15.5.2022)