Ein Pädagoge soll sich in einem Kindergarten der Stadt Wien in Penzing an einem Mädchen vergangen haben.

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Wien – In einem Kindergarten der Stadt Wien steht der Verdacht im Raum, dass ein Pädagoge drei Kinder missbraucht haben soll. Zunächst wurde ein angeblicher Übergriff in dem Penzinger Kindergarten auf ein Mädchen bekannt, wie die "Kronen Zeitung" am Montag berichtete. Nun gibt es offenbar zwei weitere Fälle, denn laut Staatsanwaltssprecherin Nina Bussek werden nun drei Fälle von der Behörde überprüft. Konkret laute der Vorwurf dabei auf schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen bzw. sexuellen Missbrauch von Unmündigen, berichtete die Austria Presseagentur. In jenem Fall, der ein Jahr zurückliegt, wurde ein Gutachten beauftragt, auf dessen Ergebnis nun laut Bussek gewartet werde. In den zwei neuen Fällen, die eben erst bekannt geworden sind, müssten Gutachten noch eingeholt werden.

Die Vorwürfe seien aufgekommen, als ein Mädchen seinen Eltern von übergriffigen Berührungen beim Wickeln erzählt habe, die diese dann auch gemeldet hätten – im März vorigen Jahres. Der Pädagoge sei dann aus dem Dienst mit Kindern abgezogen worden, heißt es nun von der zuständigen Abteilung der Stadt Wien. Er sei seither mit administrativer Arbeit beschäftigt.

Keine weiteren Eltern informiert

Seitens der Kindergartenleitung und der städtischen Abteilung entschied man sich, keine weiteren Eltern zu informieren. Die Eltern des betreffenden Mädchens hätten ihr Kind an dem Standort belassen wollen und um Anonymität gebeten, erklärte die Leiterin der Wien-Kindergärten, Danila Cochlar, am Montag dem STANDARD. Man entscheide bei solchen Vorwürfen immer von Fall zu Fall anhand der vorliegenden Informationen, wie da weiter vorgegangen werde.

Allerdings haben sich nun, 13 Monate nach dem Vorfall, offenbar Informationen an andere Eltern verbreitet. Möglicherweise könnten weitere Kinder von Missbrauch betroffen gewesen sein – laut Staatsanwaltschaft werden ja auch zwei weitere mögliche Fälle geprüft. Die Eltern sollen laut "Krone" auch dazu angehalten worden sein, nicht mit Medien über die Vorfälle zu sprechen, um eine Berichterstattung zu vermeiden. Cochlar sagte im STANDARD-Gespräch, sie wisse nicht, wie es zur Verbreitung der Informationen gekommen sei. Man betreibe jetzt "Schadensbegrenzung", es herrsche nun eine große Verunsicherung.

Generell seien die Kindergärten so konzipiert, dass Pädagogen in der Regel nicht allein mit einem Kind seien. Der Wickelbereich habe deshalb auch immer ein Sichtfenster, erklärte Cochlar. Dazu, dass die Rathaus-Opposition nun Konsequenzen fordert und am Montag von Vertuschung sprach, sagt Cochlar, dass sie schon sehr lange Leiterin der Stadt Wien-Kindergärten sei und sich seit vielen Jahren mit diesem Thema beschäftige. Ein Thema, das ihr sehr wichtig sei und dem man mit sehr viel Sensibilität begegnen müsse.

Stadtrat lange nicht informiert

Politisch zuständig für die Kindergärten ist Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos), der aber erst vor zwei Tagen von den angeblichen Vorgängen erfahren haben soll. Wiederkehr teilte dazu am Montagnachmittag der APA mit, dass er eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet habe. "Der konkrete Verdachtsfall macht betroffen – wir können die Emotionen der Eltern völlig nachvollziehen, unabhängig davon, ob sich die Vorwürfe gegen den Pädagogen als richtig herausstellen oder nicht", hielt er fest. Der Stadtrat versprach eine "umfassende und transparente Information" an die Eltern des Kindergartens.

Dazu sei noch für diese Woche ein Elternabend mit externer Begleitung durch die MA 10 einberufen worden. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft habe er zudem beauftragt, den Fall unabhängig und zügig zu prüfen. Sie diene auch als zusätzliche Anlaufstelle für die betroffenen Eltern. Cochlar bestätigte, dass ein Eltern-Informationsabend am Donnerstag stattfinden wird.

Opposition fordert Konsequenzen

FPÖ, ÖVP und Grüne fordern von der Stadt, Konsequenzen aus diesen Vorgängen zu ziehen. "Es ist traurig genug, dass es in einem Kindergarten überhaupt zu solchen Vorkommnissen kommt. Die Tatsache, dass diese jedoch über ein Jahr verschwiegen, die Eltern der Kinder nicht umgehend informiert wurden und in weiterer Folge noch einen Maulkorb verpasst bekommen haben, schlägt dem Fass jedoch den Boden aus. Ich fordere vom zuständigen Stadtrat Wiederkehr eine sofortige Klärung der Dinge und die Suspendierung der Leiterin der MA 10", hieß es von der FPÖ Wien. "Der heute aufgedeckte Missbrauchsfall in einem städtischen Kindergarten ist ein unfassbarer politischer, aber auch behördlicher Vertuschungsskandal, der sofortige Konsequenzen erfordert", teilte die Wiener Volkspartei mit. Auch die Grünen sandten wenig später aus, dass "diese Vertuschung unglaublich" sei und "sofort und lückenlos aufgeklärt werden" müsse. Man fordere volle Transparenz, hieß es weiter. (Gudrun Springer, 16.5.2022)