Den zu Schaden gekommenen Radsportlern helfen nach der Absage der Ö-Tour weder Schuldzuweisungen noch Unschuldsbeteuerungen.

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ÖRV-Präsident Harald Mayer (rechts) gründet eine Arge.

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Osttirols Tourismus-Chef Franz Theurl (li.) hat Erfahrung mit der Veranstaltung von Radrennen. Seine Expertise war beim ÖRV nicht gefragt.

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Die vom ÖRV betriebene Website kündete am Montag noch immer vom Comeback der Österreich-Radrundfahrt am 2. Juli, obwohl auf der Homepage des Österreichischen Radsport-Verbands bereits am Freitag von ihrer Absage zu lesen gewesen war. Der Plan einer Rundfahrt über fünf Etappen mit Start in Bad Tatzmannsdorf und Ziel am 6. Juli in Wien sei letztlich am Ausstieg des Landes Kärnten gescheitert, das sich außerstande gesehen habe, für einen Ziel- (Wolfsberg) und einen Startort (Seeboden) die nötige Infrastruktur für den rund 600 Personen umfassenden Tourtross zur Verfügung zu stellen. Das verwundert auch, weil am 3. Juli offenbar ganz ohne Probleme der Ironman-Triathlon Klagenfurt an den Gestaden des Wörthersees in Szene gehen kann.

Übers Wochenende oblag es den Betroffenen, vornehmlich den Radsportvereinen, Sportlern selbst und den restlichen geplanten Gastgebern, allen voran in Oberösterreich und Salzburg, den dritten Ausfall des Traditionsevents en suite zu beklagen. Dabei waren schon bald nach der recht dürren Ankündigung des letzten März-Tages, dass es wieder eine Tour d’Autriche geben werde, erhebliche Zweifel am Gelingen des Unterfangens aufgekommen.

Ließ sich die Absage der Ausgabe 2020 noch recht schlüssig mit Pandemiebeschränkungen erklären, hatte es nach dem Nichtzustandekommen der von Ende Juni auf September verschobenen Ö-Tour 2021 aus finanziellen Gründen Kritik gehagelt, wie sie eins zu eins auch jetzt vernehmbar ist.

Frucht- und sprachlos

Der ÖRV sei schlicht nicht in der Lage, eine Rundfahrt zu organisieren, weigere sich aber, das Rennen aus der Hand zu geben und etwa einer Agentur zu überantworten. Die Installierung des einstigen Rapid-Managers Werner Kuhn als Tour-Direktor um den Jahreswechsel blieb fruchtlos, Kuhn selbst in den vergangenen Tagen sprachlos.

Ganz im Gegensatz zu Vertretern österreichischer Rennställe. "Man kann jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen", sagt etwa Thomas Pupp, der Chef des Teams Tirol KTM Cycling dem STANDARD. "Wir hätten gerne eine Aussprache, wie es dazu gekommen ist. Der Verband hat auch eine Verantwortung gegenüber seinen heimischen Teams. In Rumänien, Bulgarien oder sogar im Kosovo gibt es Radrundfahrten. Warum schaffen wir das nicht?" ÖRV-Präsident Harald Mayer kündigte jedenfalls die Gründung einer Arge Rundfahrt an.

ÖRV lehnte Hilfe ab

Pupp sieht die Arbeit im ÖRV nicht grundsätzlich negativ. Mit einer vermehrten Beschickung von Nationalteams zu Junioren- und U23-Rennen habe es einen Trend in die richtige Richtung gegeben. Aber ohne Österreich-Rundfahrt fehle eine Säule. KTM plant seinen Rennkalender fürs neue Jahr bereits im November. "Dass die Rundfahrt erst im März angekündigt wurde, ist eigentlich schon viel zu spät gewesen." Nach der Enttäuschung 2021 hatte sich eine Gruppe um den Söldener Skiweltcup-Chef Ernst Lorenzi, den Osttiroler Tourismus-Chef Franz Theurl und Ex-Radprofi Thomas Rohregger angeboten, die Tour in Eigenregie zu veranstalten. Das lehnte der ÖRV ab.

Geht es nach Franz Theurl, der in Osttirol seit 40 Jahren Radrennen veranstaltet und zuletzt zwei Etappen der Tour of the Alps durch Österreich führte, müssen sich nun alle konstruktiven Kräfte an einen Tisch setzen. "Spätestens im Herbst braucht es eine Präsentation der Radrundfahrt für das Jahr 2023." Der ÖRV soll an der Spitze agieren, organisieren könnte die Tour aber eine Agentur mithilfe der Bundesländer. "Wir in Tirol könnten eine Etappe mitorganisieren. Wir haben uns bereits in der Vergangenheit angeboten", sagt Pupp.

Ausrede

Seine Aussage steht diametral zu jener von ÖRV-Vizepräsident Gerald Pototschnig, wonach sich heimische Teams "letztlich nicht mit konstruktiven und brauchbaren Vorschlägen eingebracht" hätten. Pototschnig wies zudem darauf hin, dass die Präsidiumsmitglieder ehrenamtlich arbeiteten und bei privater Haftung kein finanzielles Risiko eingegangen werde. "Das ist eine Ausrede. Dann hätten wir überhaupt keine Sportveranstaltungen in diesem Land", sagt Pupp.

ÖRV-Präsident Mayer war für den STANDARD nicht erreichbar. Der Verband berichtete aber in einer Aussendung von einer anonymen Anzeige. Die darin enthaltenen Anschuldigungen einer angeblichen zweckwidrigen Mittelverwendung bezögen sich auf die Vergangenheit. Betroffen sei auch der Präsident des ÖRV. Harald Mayer schreibt von Rufmord und will seinerseits Verleumdunganzeigen. (Sigi Lützow, Florian Vetter, 17.5.2022)