Wegen fehlenden Personals werden in der Beherbergung und auch in der Gastronomie Leistungen teils eingeschränkt.

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Das Phänomen ist nicht neu, wird aber immer drängender: Hotels, Kaffee- und Wirtshäuser, aber auch viele andere Tourismusbetriebe suchen Personal. Einmal sind es Köche oder Köchinnen, die fehlen, ein anderes Mal Servierkräfte, Housekeeping und dergleichen mehr. Branchenvertreter sprechen von 20.000 bis 35.000 Stellen, die Mitte Mai für einen klaglosen Betrieb im Sommer noch unbesetzt seien.

Das ist mehr als in der Vor-Corona-Zeit und hat auch damit zu tun, dass einige Tausend während der Pandemie und der Lockdown-bedingten Schließung von Hotels und Gastronomie in andere Branchen abgewandert sind. In der Pflege, aber auch im Banken- und Versicherungssektor, die ebenfalls Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen suchen, haben viele nicht nur geregelte Arbeitszeiten, sondern auch neue Ganzjahresbeschäftigungen gefunden.

Zeichen auf Erholung

Zwar möchte der eine oder die andere zurückkehren in die Touristik; hie und da sei das auch passiert, berichten Hoteliers dem STANDARD. Die Mehrzahl der Abgewanderten dürfte aber unwiederbringlich verloren sein für die Branche, die nach strengen Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) vor Corona etwa 7,4 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP; Wert aller in Österreich während eines Jahres hergestellten Waren und Dienstleistungen, Anm.) beigetragen hat.

Dabei stehen die Zeichen im Tourismus trotz anhaltender Corona-Infektionen, dem Ukraine-Krieg vor der Haustür und einer Inflation, die lange nicht mehr so hoch war, auf Erholung. Die Österreich-Werbung (ÖW), die mit Geld wie schon lange nicht mehr ausgestattet wurde, um Gäste nach Österreich zu locken, hat Mitte April in den Hauptquellmärkten den Puls gemessen und ein starkes Interesse an Urlauben festgestellt. Über 70 Prozent der Befragten gaben an, heuer einen Sommerurlaub zu planen. 2021 waren es nur 50 Prozent. "Neben den gestiegenen fixen Urlaubsplanungen sehen wir eine weitere positive Entwicklung", sagte ÖW-Chefin Lisa Weddig am Montag bei der Eröffnung der Österreichischen Tourismustage im Wiener Austria Center. "Die Anzahl der Länder, wo wieder gebucht wird, hat sich deutlich verbreitert."

Verstärkte Nachfrage aus ganz Europa

Kamen im Vorjahr 82 Prozent aller Sommergäste aus der sogenannten DACH-Region – Deutschland, Österreich, Schweiz – erwarte man heuer wieder Gäste aus ganz Europa, verstärkt auch aus arabischen Ländern, insbesondere den Emiraten. Weddig: "Das führt dazu, dass wir österreichweit eine verbesserte Auslastung haben werden." Befragt wurden rund 10.000 Personen in zehn Hauptherkunftsmärkten.

Deutliche Buchungszuwächse werden aus Italien, Spanien, Frankreich, den Niederlanden und Emiraten gemeldet; eine stabile Nachfrage orte man in der DACH-Region sowie bei Amerikanern. Hinter einer dritten Gruppe von Ländern stünden hingegen einige Fragezeichen. Dazu gehörten Länder in Zentral- und Osteuropa, die besonders stark durch Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine betroffen sind und mit höherer Inflation zu kämpfen haben.

Herausforderung Inflation

Dazu gehöre aber auch China, das noch immer vom Reiseverkehr ausgeschlossen ist und wo Änderungen wohl erst nach dem Parteitag im Herbst zu erwarten sind. Alles in allem rechne man heuer mit einer einprozentigen Steigerung der Buchungen im Vergleich zum Vorjahressommer, als man österreichweit auf 66,4 Millionen Nächtigungen im Zeitraum Mai bis Oktober kam. Damit lag man 16 Prozent unter dem Vor-Corona-Wert.

Susanne Kraus-Winkler, frisch bestellte Staatssekretärin für Tourismus in der Nachfolge der zurückgetretenen Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), sieht neben dem Arbeitskräftemangel auch im Preisschub eine Herausforderung für die Branche. Nun sei "Flexibilität auf allen Seiten" gefordert, sagte sie zur Eröffnung der Österreichischen Tourismustage. Ins gleiche Horn blies auch Robert Seeber, oberster Touristiker in der Wirtschaftskammer. (Günther Strobl, 17.5.2022)