Die Polizei ermittelt.

Foto: APA/EXPA/JFK

Salzburg/Piesendorf/Zell am See – Die Staatsanwaltschaft Salzburg ermittelt wegen Mordes gegen einen 41-Jährigen, der am Freitag seine in Trennung lebende 30-jährige Frau in Piesendorf (Pinzgau) im Streit mit drei Messerstichen getötet haben soll. "Die zuständige Referentin wird heute die Verhängung der Untersuchungshaft beantragen", sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Montag zur APA. Der Mann habe die Tat laut Polizei grundsätzlich gestanden. Sein Anwalt sprach von einem "Tötungsdelikt im Affekt".

Einstweilige Verfügung zurückgezogen

Im Vorfeld der Tat kam es polizeilichen Angaben zufolge bereits zu Anzeigen wegen gefährlicher Drohung, beharrlicher Verfolgung und einer Körperverletzung durch den 41-Jährigen, was Mitte April zu einem behördlichen Betretungsverbot und Ende April schließlich auf Antrag der 30-Jährigen zu einer einstweiligen Verfügung durch die Justiz führte.

Polizei-Sprecher Hans Wolfgruber erklärte am Montag auf APA-Anfrage, dass die Ehefrau am 12. Mai und damit einen Tag vor der Bluttat die einstweilige Verfügung bei der Justiz kurz nach 14 Uhr zurückgezogen habe. Damit sei das Kontaktverbot aufgehoben worden, bestätigte er einen dementsprechenden Bericht von ORF Salzburg.

Die Pinzgauerin war am Freitag in einem Gasthof tot aufgefunden worden, den das getrennt lebende Ehepaar gemeinsam betrieben haben soll. Die Obduktion ergab, dass die Frau an den Folgen der Messerstiche verblutet war. Am Tatort stellten die Ermittler ein Küchenmesser als Tatwaffe sicher.

Gegenüber der Polizei gab der Verdächtige an, mit seiner Frau bei einem Treffen in Streit geraten zu sein. Die beiden sollen sich offenbar zur Klärung der Trennungsmodalitäten getroffen haben, primär soll es dabei wohl um die Pachtverträge mehrerer gemeinsam geführter Gastronomiebetriebe gegangen sein.

Das Treffen sei von dem Kontaktverbot nicht umfasst gewesen, weil die 30-Jährige ihren Mann aufgesucht habe, sagte Strafverteidiger Franz Essl am Montag zur APA. "Es ging um betriebliche Buchhaltungsangelegenheiten." Die beiden seien in Streit geraten, "dann eskalierte die Situation". Sein Mandant habe im Affekt gehandelt, so der Anwalt.

Die Leiche der Frau wurde von Angehörigen gefunden. Nach einer intensiven Fahndung stellte sich der mutmaßliche Täter telefonisch. Die Polizei nahm ihn beim Wohnhaus seiner Eltern im Pinzgau fest. Nach der polizeilichen Einvernahme wurde er am Sonntag in die Justizanstalt Salzburg eingeliefert.

Mehrere Anzeigen im Vorfeld

Das Opfer hatte laut der Sprecherin der Staatsanwaltschaft Salzburg, Elena Haslinger, Mitte April 2022 Anzeige gegen den Ehemann wegen gefährlicher Drohung, beharrlicher Verfolgung und Körperverletzung erstattet. Demnach habe er die Frau Ende Februar derart gestoßen, dass sie auf einer Eisplatte ausgerutscht und gestürzt sei. Sie habe sich dabei eine Hüftverletzung zugezogen. Weiters habe er bereits im Oktober 2021 und zu anderen, unbekannten Zeiten beschimpft und bedroht und sie von Jänner bis April 2022 im Zuge der Trennung auch beharrlich verfolgt.

Am 16. April habe die Polizei gegen den Mann ein Betretungs- und Annäherungsverbot angeordnet, erklärte Haslinger. Er sei auf freiem Fuß angezeigt worden. Von einer Festnahmeanordnung und von einem Antrag auf U-Haft habe die Staatsanwaltschaft auch deshalb abgesehen, weil der 41-Jährige unbescholten und das Ehepaar sozial integriert gewesen sei und die Taten, die dem Mann angelastet wurden, teils Wochen oder Monate zurücklagen. "Es muss auch geprüft werden, ob die Vorwürfe stichhaltig sind."

Der Ehemann habe den Vorwurf der Körperverletzung bestritten, sagte Haslinger. Aufgrund der Anordnung eines Kontaktverbotes habe es auch eine Absicherung durch die Polizei gegeben. Gegen den Beschuldigten sei dann am 5. Mai ein Strafantrag wegen gefährlicher Drohung, beharrlicher Verfolgung und Körperverletzung bei Gericht eingebracht worden.

Der 41-Jährige gab in dem Ermittlungsverfahren an, dass es weiterhin zu einvernehmlichen Treffen mit seiner Ehefrau wegen der Gastronomiebetriebe und dem gemeinsamen Kind gekommen sei, wie es seitens der Staatsanwaltschaft hieß. Konfrontiert mit dem Körperverletzungsdelikt habe der Mann gesagt, dass er von der Frau angegriffen worden sei. Zum Stalking-Vorwurf habe er angegeben, dass er seine Frau, von der er seit Ende Februar getrennt lebe, zwar täglich kontaktierte, es aber auch zu wechselseitigen Kontakten gekommen sei. Was die Drohungsvorwürfe betrifft, so habe er ihr zwar Chatnachrichten geschickt, die inhaltlich nicht in Ordnung gewesen seien, seine Frau habe ihm aber ähnlich lautende Nachrichten geschickt.

Beratungsgespräch für Gewaltprävention

Menschen, gegen die ein Betretungs- oder Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, müssen an einer verpflichtenden, sechsstündigen Präventionsberatung teilnehmen. Sie müssen sich binnen fünf Tagen nach der behördlichen Anordnung in der Beratungsstelle melden, um einen ersten persönlichen Termin zu vereinbaren.

In Salzburg führt seit 1. September 2021 die Bietergemeinschaft der Katholischen Aktion und Jugend am Werk Salzburg im Auftrag des Innenministeriums die Beratungsstellen für Gewaltprävention im Bundesland Salzburg durch. Der im Fall von Piesendorf beschuldigte Mann "hatte in der Beratungsstelle Zell am See am 4. Mai ein Erstgespräch", informierte am Montag der Geschäftsführer von Jugend am Werk Salzburg, Uwe Höfferer, in einer Aussendung.

Bessere Kommunikation gefordert

Eine sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz sei vom Berater angeregt und bereits mit der örtlichen Polizei besprochen worden. Die Polizei könne auch jederzeit ohne die externe Anregung eine Fallkonferenz ansetzen. Zu der Fallkonferenz, bei der ein lückenloser Datenaustausch aller beteiligter Einrichtungen und Behörden möglich sei, kam es laut Höfferer nicht mehr. "Ein Austausch mit den Opferschutzeinrichtungen hat nicht stattgefunden, da keine Einverständniserklärung des Gefährders erwirkt werden konnte."

Für eine opferschutzorientierte Täterarbeit sei es aber zwingend erforderlich, dass sich die Opferschutzeinrichtungen und die Täterarbeitseinrichtungen fallbezogen vernetzen dürfen. "Nur so ist ein vollständiges Bild im Hinblick auf die Gefährdungslage möglich. Das Problem an dem jetzigen Gesetz ist, dass sich die Einrichtungen nur dann austauschen dürfen, wenn der Gefährder dem Datenaustausch zustimmt", kritisierte der Geschäftsführer. Hochrisikofälle seien davon ausgenommen, bei allen anderen Fällen sei man auf den guten Willen des Gefährders angewiesen.

Höfferer forderte schnellere sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen, und für ganz Salzburg rasch eine zentrale Anlaufstelle innerhalb der Polizei. "Derzeit haben wir je nach Bezirk unterschiedliche Ansprechpartner. Das kostet Zeit, Klarheit und damit Opferschutz." (APA, 16.5.2022)