Bei DER STANDARD VOR|ORT verlegen Redakteurinnen und Redakteure ihren Arbeitsplatz vorübergehend in spannende Regionen Österreichs. Franziska Zoidl berichtet aktuell aus Bad Gastein in Salzburg.

Die Suche nach einem Eigenheim beschreiben viele in und um Bad Gastein so: Der Prozess ist zermürbend, er dauert Jahre und wird immer wieder von Überlegungen unterbrochen, dem Tal den Rücken zu kehren. Schließlich findet sich mit viel Glück doch eine Immobilie – aber sie ist deutlich teurer als erwartet.

Alex und Stanzi Standteiner mit ihren Hunden vor ihrem "Tauernstöckl", in das sie viel Arbeit stecken mussten.
Foto: Manuel Marktl

Diese Erzählung ließe sich auf weite Teile des Landes umlegen: Die Suche nach Eigentum ist für die meisten schwierig geworden. Corona hat die Preise weiter angeheizt. Im Gasteinertal kommt erschwerend hinzu, dass der Platz begrenzt ist, da man von Bergen fast umzingelt ist, und dass der Wunsch nach Eigentum auf dem Land oft besonders groß ist.

Wer in der Gegend ein Haus kaufen will, braucht entweder ein großes Budget – oder kreative Ideen: Alex und Stanzi Standteiner haben sich für Letzteres entschieden. Er ist Bad Hofgasteiner, sie Wienerin, 2016 entdeckten die beiden auf einer Immobilienplattform im Ortsteil Böckstein einen "Bastlerhit", wie es im Immobiliensprech heißt, wenn ein Haus stark sanierungsbedürftig ist. Es war ein ehemaliges Landhaus für Gutbetuchte, Baujahr 1902, mit dem es im Laufe des letzten Jahrhunderts stark bergab gegangen war.

Zuletzt war das denkmalgeschützte Haus leer gestanden. Viele Jahre war es auf dem Markt, bevor die Standteiners vor der ersten Besichtigung aus dem Auto stiegen: "Wir haben uns sofort verliebt." Die beiden bezahlten "einen günstigen Preis", dafür musste viel Arbeit investiert werden: Alex Standteiner fuhr über Monate nach der Arbeit am Abend aus Salzburg nach Bad Gastein, um den alten Kalkputz von den Wänden zu schlagen.

Fast 400 Quadratmeter Holzboden haben die Standteiners von Ostern bis Oktober 2017 mit Freunden verlegt. Um sich ihren Wohntraum überhaupt finanzieren zu können, wohnt das Paar heute in einer Wohnung auf 90 Quadratmetern im Erdgeschoß und vermietet darüber drei Ferienwohnungen. "Ohne Vermietung wäre es nicht gegangen", erzählen sie, während im Hintergrund der nahe Anlaufbach rauscht und ihre beiden Hunde Gustl und Scott durch den Garten tollen.

Keine Schnäppchen mehr

Ihr "Tauernstöckl" liegt im Ortsteil Böckstein, wo auch andere junge Familien aus der Gegend immer wieder fündig werden, wenn ältere Eigenheimbesitzerinnen versterben. Ein Schnäppchen zu finden ist aber auch in Böckstein schwierig geworden. Der durchschnittliche Preis für ein Einfamilienhaus lag im Bezirk St Johann im Pongau 2021 bei 424.958 Euro.. Das hat das Maklernetzwerk Remax vor kurzem erhoben. Allerdings kommen auch nur wenige Häuser auf den Markt. Für Objekte zwischen 350.000 und 450.000 Euro gebe es immer viel Interesse, berichtet der Bad Hofgasteiner Immobilienmakler Gerhard Lafenthaler. Ein Haus mit 500 Quadratmeter Grund, sanierungsbedürftig, hätten im Vorjahr in Bad Hofgastein zehn Interessenten gern gekauft.

Eine andere, im Gasteinertal weniger verbreitete Möglichkeit, mit den Preisen umzugehen, wäre das Baurecht: Dafür wird das Grundstück, auf dem das Haus errichtet wird, nicht erworben, sondern dafür über mehrere Jahrzehnte ein Baurechtszins – also quasi eine Miete – bezahlt. Den Bundesforsten gehören im Gasteinertal zum Beispiel einige solcher Grundstücke. Derzeit sind alle vergeben, "in Kürze" könnte aber wieder eines frei werden, heißt es auf Nachfrage.

Die Baulandreserven der Gemeinde Bad Gastein selbst sind überschaubar. Es sind im Wesentlichen der ehemalige Bauhof im Ort und der ehemalige Kindergarten in Böckstein. Noch gibt es keine konkreten Pläne, die Gemeinde möchte aber bei den Preisen für die hier in Zukunft möglicherweise entstehenden Immobilien ein Wörtchen mitreden.

Eines der in der Gegend sehr raren Grundstücke hat der Bad Hofgasteiner Rechtsanwalt Wolfgang Brandstätter vor zwei Jahren erworben. Auf den mehr als 8000 Quadratmeter Grund in Böckstein stehen noch drei alte Gebäude, die abgerissen werden. Geplant ist eine Teilparzellierung, um Baugrundstücke für Einfamilienhäuser oder Doppelhaushälften als Hauptwohnsitz zu schaffen. Die Baulandwidmung steht noch aus. Noch werden die Grundstücke also nicht einmal beworben, dennoch hätten "sicher schon zehn Interessenten" angerufen, erzählt der Anwalt.

Die Arbeit hört nie auf

Wer in der Gegend kaufen möchte, muss aber auch die Mobilität in die Berechnungen miteinbeziehen, wie eine junge Frau dem STANDARD berichtet: "Man braucht so viel Treibstoff, um mit dem Auto von A nach B zu kommen", erzählt sie über ihre Zeit im Gasteinertal. 60 Kilometer Autofahrt pro Tag seien für sie keine Seltenheit gewesen. Mittlerweile ist sie zurück nach Salzburg gezogen.

Viel Arbeit ist ein Haus außerdem. "Fertig ist man nie", sagten die Standteiners. Sie nennen das Herumwerken am Haus analog zum Garteln "Häuseln". Es ist zu ihrem Hobby geworden.

Derzeit wird besonders viel gehäuselt: Die letzten Vorbereitungen für die ersten Sommergäste, die kommende Woche anreisen, laufen. Bereut haben die Standteiners ihren Schritt nie: "Einen Ort zu finden, der so im Aufbruch ist wie Bad Gastein, das ist doch der Jackpot." (Franziska Zoidl, 21.5.2022)