Es bewegt sich etwas: Die Wiener Fremdenbehörde MA 35 tut endlich das, wofür sie da ist. Dank eines Callcenters sind Mitarbeiter nun erreichbar, und dank Personalaufstockung gab es 2021 zwanzig Prozent mehr abgeschlossene Verfahren als im Jahr davor. Diese neuen Zahlen hat nun der zuständige Wiener Stadtrat, Christoph Wiederkehr, stolz verkündet. Das könnte nach der Flut an publik gewordenen Missständen ein Grund zur Freude sein. Einen Dämpfer verpasste diesem Befund prompt die Volksanwaltschaft – die Beschwerdefälle sind dort noch nicht zurückgegangen.

Am kritisierten Zustand der Behörde scheint sich also noch nichts Grundlegendes geändert zu haben: Dort sind viele Mitarbeiterinnen überlastet, andere nicht mit der Rechtsmaterie vertraut, oder sie legen diese besonders streng aus, und dann gibt es noch die Unerreichbaren. Mit weitreichenden Folgen: Aufenthaltstitel laufen ab, Jobangebote verfallen, Sozialleistungen können nicht bezogen werden, oder Familien werden entzweit. Antragsteller – Bittsteller trifft es besser – aus Drittstaaten, dem EU-Ausland oder Angehörige aus Österreich sind diesem Umgang ausgeliefert.

Klar liegt die Schuld nicht allein bei der MA 35: Sie muss sich an komplexe Bundesgesetze halten. Aber die Mitarbeiter hätten Ermessensspielräume, die sie in vielen Fällen einfach nicht ausschöpfen. Lieber gibt man sich restriktiv. Nicht umsonst sprechen Betroffene von einem Glücksspiel, wenn es darum geht, wer ihnen als Sachbearbeiterin gegenübersitzt.

Glück – und Geduld – brauchen Betroffene und Rechtsvertreter auch beim Herzstück der Reform: dem Callcenter. Zwar geht da nun eine freundliche Person an den Hörer und beantwortet allgemeine Fragen. Auf Rückrufe der Sachbearbeiter warten viele immer noch vergebens. Dass diese willkürliche Praxis mit den Reformen ein Ende findet, zeichnet sich aktuell nicht ab. Davon zeugt auch der aktuelle Bericht der Volksanwaltschaft. (Elisa Tomaselli, 17.5.2022)