Seit mehr als zwei Jahren hat die Corona-Pandemie Österreich fest im Griff. Besonders von den Maßnahmen zur Eindämmung des Virus betroffen waren Studierende. Schon kurz nachdem die ersten Fälle in Österreich aufgeschlagen waren, wurden die Hochschulen geschlossen. Seither wechselten die Studierenden vom Distance-Learning in hybride Formate, in Präsenz und wieder zurück. Im Gegensatz zu den Schulen war man bei den Hochschulen weit weniger zurückhaltend, wenn es um die Schließung der Einrichtungen ging – Studierende brauchen im Gegensatz zu jüngeren Schülerinnen und Schülern schließlich auch keine Betreuung.

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Während der Pandemie wurden die Studierenden der Uni Wien unter anderem in die Votivkirche ausquartiert.
Foto: REUTERS/Lisi Niesner

"So, wie es die vergangenen Monate ausgesehen hat, hat sich niemand das Studieren vorgestellt", erklärte am Dienstag die Vorsitzende der Österreichischen Hochschüler_innenschaft, Sara Velić (VSStÖ). In der Pandemie habe die Politik auf die Studierenden vergessen, lautet die Kritik der ÖH-Chefin. Zu wenig habe die Politik auf die Bedürfnisse der jungen Erwachsenen reagiert: "Studierende fühlen sich im Stich gelassen."

Rekordtief bei Wahlbeteiligung

Mitten in der Pandemie, im Mai 2021, fand unter strengen Hygienebestimmungen die ÖH-Wahl statt. Mit einer Beteiligung von rund 16 Prozent wurde dabei ein absolutes Rekordtief an Mitbestimmung erreicht. Zwar dürften das Distance-Learning und die geringere Anwesenheit an den Unis ihren Teil beigetragen haben. Für das mangelnde Interesse kann aber nicht nur die Pandemie verantwortlich gemacht werden. Schon seit Jahren ist die Wahlbeteiligung auf Talfahrt: 25,8 Prozent stimmten im Jahr 2019 ab, 24,5 Prozent waren es zwei Jahre davor. Sprich: Nur ein Viertel hatte sich vor der Pandemie für die Interessenvertretung interessiert.

Die Hochschülerinnenschaft wolle nun "jede mögliche Maßnahme ergreifen", um Studierende wieder besser abzuholen, sagt die stellvertretende Vorsitzende Keya Baier. Einen ersten Schritt sei man mit der "größten ÖH-Befragung seit der Jahrtausendwende" gegangen, so Velić. Dabei wurden mehr als 28.000 Studierende vom Institut für empirische Sozialforschung (Ifes) befragt. Am Dienstag wurden die Ergebnisse präsentiert.

Mehr Arbeitsausmaß, mehr Belastung

Gefragt nach der Zufriedenheit mit der finanziellen Unterstützung im Studium, gaben nur 27 Prozent an, sehr zufrieden oder zufrieden zu sein. 31 Prozent zeigten sich gar nicht oder eher nicht zufrieden. Die Mitte bilden rund 24 Prozent. Außerdem zeigte sich: Je weniger Studierende neben ihrem Studium arbeiten, desto zufriedener sind sie mit der Unterstützung.

Das zeigt sich auch in der Belastung. Kein Problem bei der Vereinbarkeit von Job und Studium geben nur sieben Prozent an. 49 Prozent sehen das als zumindest eine eher starke Belastung an. Ähnlich gestaltet sich die Belastung, wenn man neben dem Studium noch Betreuungspflichten hat: Hier geben 47 Prozent an, zumindest eher stark belastet zu sein. Kein großes Thema dagegen: Studiengebühren. Mehr als die Hälfte aller Befragen (65 Prozent) gibt an, sich dadurch gar nicht oder eher nicht belastet zu fühlen.

Hybride Formate und Onlinevorlesungen gewünscht

71 Prozent der Studierenden zeigen sich zufrieden mit den Onlinevorlesungen, 59 Prozent bewerten das Format auch für Seminare positiv und 66 Prozent sogar für Prüfungen. Gerade bei der Vereinbarkeit des Studiums mit dem Job oder einer Betreuungspflicht hilft den Studierenden die digitale oder hybride Lehre.

Aber nicht nur Gutes hat die Corona-Pandemie gebracht. Gerade die soziale Distanz schlägt sich bei 68 Prozent in der der Belastung nieder. 62 Prozent geben sogar an, dass Corona die mentale Gesundheit negativ beeinflusst hat.

Günstigere Öffis gewünscht

Abgefragt wurde auch die Wahl des Verkehrsmittels. Während in Wien 91 Prozent die Öffis für ihren Weg zur Hochschule nutzen, nehmen nur 33 Prozent in Kärnten Bus, Bahn oder Bim. Dort benötigen 62 Prozent ein Auto für ihre Wege. Gefragt nach der Motivation, einen Pkw zu nutzen, geben österreichweit 63 Prozent an, dass die Öffi-Anbindung zu schlecht sei, sechs Prozent erklären, die Öffis seien schlicht zu teuer. Ganze 85 Prozent der Studierenden würden günstigere oder kostenlose Öffi-Tickets als (sehr) wichtige Maßnahme sehen.

Ebenfalls auf der Wunschliste stehen noch mehr Flexibilität im Studium (77 Prozent), finanzielle Unterstützung (75 Prozent), berufsbegleitendes Studieren (71 Prozent) sowie Digitalisierung (68 Prozent).

Mehr als 28.000 Interviews

Die Studie wurde von 1. Februar bis 16. März mittels Online-Interviews durchgeführt. An alle E-Mail-Adressen der Studierenden wurden dabei "Unique Links" verschickt, sagt Ifes-Projektleiter Stefan Friesenbichler. Von den 28.101 Studierenden, die sich beteiligten, gaben 75 Prozent an, an einer Uni zu studieren, 17 Prozent kamen von einer Fachhochschule, acht besuchen eine Pädagogische Hochschule und drei eine Privatuni.

Insgesamt habe man mit mehr als 28.000 Studierenden eine "sehr repräsentative Stichprobe" bekommen, so Friesenbichler: "Wenn man das in Relation zu den meisten Wahlumfragen und Sonntagsfragen setzt, die auf die Gesamtbevölkerung gehen: Diese rangieren im Bereich von 800 bis 1.000 Befragten." (Oona Kroisleitner, 17.5.2022)