Malta führt die Rangliste an: zum siebten Mal in Folge.

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Ein Großteil Europas wird zum Glück zu einem viel sichereren und einladenderen Ort für LGBTI-Menschen. Im Allgemeinen (aber leider nicht überall) scheinen die Länder des Kontinents queeren Menschen aller Couleur mehr Rechte und Freiheiten einzuräumen.

Das ist ein Trend, den die jüngste Rainbow Europe-Studie aufzeigt. Seit 2009 veröffentlicht die Internationale Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen-, Trans- und Intersexuellenvereinigung (Ilga) jedes Jahr diesen Bericht, bei dem es sich im Wesentlichen um eine Rangliste der europäischen Länder auf der Grundlage ihrer Gesetze und Strategien zum Schutz der Rechte und Freiheiten von LGBTI handelt. Jedes Land in der Rangliste erhält eine Punktzahl auf einer Skala von null bis 100.

Die diesjährigen Ergebnisse stünden in Kontrast zu denen aus dem Jahr 2021, wie es in der Presseaussendung der Ilga heißt. Letztes Jahr zeigte die "Rainbow-Map" eine völlige Stagnation bei den LGBTI-Rechten und der Gleichstellung in ganz Europa.

Heuer sei eine positive Entwicklung zu beobachten: An der Spitze der Rangliste für 2022 steht Malta. Mit einer Punktzahl von 92 führt Malta die Liste nun schon sieben Jahre in Folge an.

Für Gleichstellung

Dänemark hat sich um sieben Plätze verbessert und steht nun auf Platz zwei der Rangliste. Der Grund für den Aufstieg Dänemarks liegt darin, dass das Land eine Vorreiterrolle bei der Schließung von Antidiskriminierungslücken in der aktuellen Gesetzgebung einnimmt, einschließlich des Gleichbehandlungsgesetzes, das die Bereiche Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen abdeckt, und des Strafgesetzes, das sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale als erschwerende Faktoren bei Hassverbrechen einbezieht.

Immer mehr Länder setzen sich für die Gleichstellung ein, indem sie die Lebenswirklichkeit der Menschen angemessen anerkennen und schützen, liest man bei Ilga. Island erhielt unter anderem Punkte für die gesetzliche Anerkennung der Trans-Elternschaft, während Deutschland ein Verbot der intersexuellen Genitalverstümmelung einführte und Frankreich die so genannte "Konversionstherapie" auf der Grundlage der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität verbot.

Kein Ost-West-Gefälle

Nach jahrelangem Stillstand gibt es auch in Griechenland, Lettland, Litauen, Serbien, der Slowakei und Slowenien eine positive Entwicklung in der Gesetzgebung, die dem Narrativ entgegenwirkt, dass es bei den LGBTI-Rechten in Europa ein Ost-West-Gefälle gibt.

In diesem Jahr führte Ilga eine neue Kategorie zur körperlichen Unversehrtheit von intersexuellen Menschen ein. "Damit wollen wir den Regierungen eine klare Botschaft senden, dass der Schutz der Menschenrechte intersexueller Menschen engagierte Anstrengungen erfordert", heißt es.

Deutschland und Island hätten sich der kleinen Zahl von Ländern angeschlossen, die nicht medizinisch notwendige Eingriffe an intersexuellen Menschen ohne Zustimmung verbieten, aber bisher hat kein Land, einschließlich des führenden Landes Malta, die notwendigen Umsetzungs- und Überwachungsmaßnahmen eingeführt, die einen vollständigen Schutz der körperlichen Unversehrtheit von intersexuellen Menschen ermöglichen würden. In Österreich, Zypern, Belgien und Frankreich wird derzeit an der Gesetzgebung zum Verbot von Eingriffen gearbeitet.

Wo man mit Intoleranz rechnen muss

Weniger gute Nachrichten: Das Vereinigte Königreich ist in der Rangliste deutlich zurückgefallen, von Platz 10 auf Platz 14, da die Gleichbehandlungsstelle nicht, wie in ihrem Mandat vorgesehen, den Schutz aus Gründen der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität wirksam gewährleistet, liest man. "Dies geschieht zu einer Zeit, in der in Politik und Medien eine Anti-Trans-Stimmung weit verbreitet ist, während die britische Regierung lange versprochene Reformen zur Geschlechtsanerkennung und zum Verbot der so genannten 'Konversionstherapie' nicht umsetzt", beklagt die Ilga.

Angesichts der zunehmenden offiziellen Anti-LGBTI-Stimmung in Bulgarien und Rumänien sind beide Länder nun nicht mehr weit vom letzten Platz in der EU entfernt, der derzeit an Polen geht. Rumänien verliert Punkte, weil die Behörden die Versammlungsfreiheit einschränken, indem sie Pride-Veranstaltungen verbieten. Ungarn ist um drei Plätze zurückgefallen, vor allem weil das ungarische Parlament eine Reihe von Änderungsanträgen angenommen hat, die LGBTI-Personen direkt diskriminieren, darunter ein Verbot der "Darstellung und Förderung einer vom Geburtsgeschlecht abweichenden Geschlechtsidentität, der Änderung des Geschlechts und der Homosexualität" für Personen unter 18 Jahren.

Die Rainbow-Map gibt Aufschluss, welche Länder in Sachen LGBTI-Rechte vorbildlich sind. Österreich liegt im Mittelfeld.
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Am unteren Ende der Skala erhalten Aserbaidschan, die Türkei, Armenien und Russland nur einstellige Werte (Polen mit 13 Punkten den niedrigsten Wert in der EU). Nur wenige dieser Länder bieten LGBTI-Personen einen nennenswerten Schutz vor Diskriminierung und Gewalt.

Fazit der Ilga: In fast der Hälfte der Länder bestehen nach wie vor erhebliche Lücken in Bezug auf den grundlegenden Schutz vor Diskriminierung und Gewalt. Derzeit gibt es in 20 von 49 Ländern noch immer keinen Schutz vor Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Ausrichtung, während 28 Länder keinen Schutz vor Gewalt aufgrund der Geschlechtsidentität haben. (red, 17.5.2022)