Ex-FPÖ-Chef und Ibiza-Tourist Heinz-Christian Strache.

Foto: Screenshot/Puls24

Bei manchen Events wünscht man sich, sie würden niemals stattfinden. Und wenn sie schon stattfinden müssen, so will man sie zumindest nicht erleben. Der Beruf des TV-Chronisten jedoch bringt die Aufgabe mit sich, alles zu dokumentieren. Und so ist es unvermeidlich – mit selbstquälerischem Pflichtbewusstsein und gutem Magenschutz ausgestattet –, das Duell Heinz-Christian Strache gegen Johann Gudenus zu erleben.

Die Ibiza-Zwillinge, die sich in der besagten Villa um Politkopf und -kragen geplappert haben, treffen einander also auf Puls 24. Corinna Milborn spielt Herrn Gudenus zum Aufwärmen einige Sätze von Strache vor, aus denen großes Misstrauen spricht – über die tatsächliche Rolle des ehemaligen Wiener Vizebürgermeisters. Wer jetzt das große öffentliche Begleichen von Rechnungen und peinigende gegenseitige Anklageorgien erwartet hat, wurde allerdings ziemlich überrascht.

Keine Tränen der Rührung

Gudenus spricht mit samtiger Stimme von Vorgesprächen. Wie bitte? Die beiden früheren Leitköpfe der FPÖ hatten sich offenbar schon vor der Sendung getroffen und irgendwie ausgesprochen – und womöglich auch abgesprochen. Straches romantische Geschichte: Ein gemeinsamer Freund habe ihn und Johann zu seinem Geburtstag eingeladen, da sei man wieder ins lange Gespräch gekommen. Man sei ja lange befreundet gewesen.

Statt Tränen der Rührung über diese Annäherung der beiden überkam Milborn eher ein gewisses Staunen. Zumal sie und Eva Linsinger vom "Profil" plötzlich einem angriffigen Duo gegenübersaßen, das entschlossen schien, im alten FPÖ-Stil alles und alle – nur nicht sich selbst – einer kritischen Beurteilung zu unterziehen.

Eine geht dazwischen

Gudenus warf den Damen "Systemjournalismus" und "Gesinnungsjournalismus" vor, auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe nur das System als solches gestützt, statt es zu stürzen. Die Geschehnisse in der Villa auf Ibiza seien nur durch verkürzte Darstellung zum Skandal geworden, wurde wiederum Strache nicht müde zu behaupten. Milborn unterstellte er auch schlechten Stil, da ging Linsinger – mehrmals – gottlob dazwischen.

Die Langfassung des so viel auslösenden Videos ergebe doch keinen anderen Eindruck, meinte sie richtig. "Wenn jemand nicht korrupt ist, steht er auf und geht" in so einer Situation und fantasiert nicht herum, was er alles mithilfe der ominösen Oligarchin hätte tun können. Wer sich noch immer nur als Opfer sieht, dem fehle es an Selbsterkenntnis, so Linsinger.

"Schnee von gestern"

Als Milborn dann auch noch das Kokain-Thema anschneiden wollte, verdüsterte sich Gudenus' Antlitz deutlich Richtung Drohung, obwohl es eigentlich heiter wurde. Gudenus sagte dazu unter anderem nämlich, das sei doch alles "Schnee von gestern", woraufhin selbst Strache lächeln musste.

Lustig war's aber in Summe eigentlich eher nicht. Vielmehr hatte sich der präventive Magenschutz als nützlich erwiesen, weil die beiden alten neuen Freude ziemlich befremdlich wirkten. Zum fünften Geburtstag des Ibiza-Videos (in etwa zwei Jahren) muss man sie nicht unbedingt wieder zusammenbringen. (Ljubiša Tošić, 17.5.2022)