"Power-Posen" können das Selbstbewusstsein heben, dazu muss man nicht einmal Wonder Woman sein.

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Brust raus, Kopf etwas hoch, Rücken gerade – wer das Kunststück zuwege bringt, dabei auch noch locker zu bleiben, wird in der Regel als selbstbewusste Person wahrgenommen. Es ist freilich kein großes Geheimnis mehr, dass auch der umgekehrte Weg funktioniert: Lächeln, auch wenn einem nicht danach ist, kann tatsächlich die Stimmung verbessern, das belegte eine Metastudie aus dem Jahr 2019. Das "künstliche" Lächeln kann zwar kein Antidepressivum ersetzen, der Effekt war aber signifikant.

Das Phänomen lässt sich auf die gesamte Körperhaltung ausdehnen: Wirft man sich bewusst in eine Siegerpose, kann das durchaus das Selbstbewusstsein steigern – eine umfangreiche Überblicksstudie konnte das nun untermauern. Frühere Ergebnisse, wonach sich damit auch der menschliche Hormonhaushalt beeinflussen ließe, konnten dagegen nicht bestätigt werden.

Therapeutisches Mittel

Der Einsatz von Körperhaltung und Körpersprache ist in der Psychologie schon länger ein beliebtes Werkzeug. "In der Therapie kann es dabei helfen, dass Menschen sich sicher fühlen und positive Gefühle erleben", sagt der Psychologe Robert Körner von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Bamberg.

Auch beim sogenannten Power-Posing geht es um die Frage, inwiefern sehr plakative Posen die Gefühle und den Selbstwert einer Person beeinflussen können. Ein typisches Beispiel für eine solche Körperhaltung ist die Siegerpose mit ausgestreckten Armen, die laut Studien das Selbstbewusstsein steigern soll.

"Die Aussagekraft vieler dieser Untersuchungen ist jedoch begrenzt, da sie häufig mit relativ wenigen Personen durchgeführt wurden. Außerdem zeigen verschiedene Studien teilweise gegensätzliche Ergebnisse ", so Körner.

Daten von rund 10.000 Menschen

Die nun im Fachjournal "Psychological Bulletin" erschienene Metaanalyse sollte daher den Blick etwas klären: Das Team trug Daten aus rund 130 Experimenten mit fast 10.000 Beteiligten zusammen und wertete sie mithilfe komplexer statistischer Verfahren neu aus. Ihre Forschungsfragen lauteten: Beeinflusst die Körperhaltung die Selbstwahrnehmung und damit das Verhalten? Und gibt es einen Zusammenhang mit dem Hormonspiegel der Menschen?

Die Ergebnisse weisen auf Ja und Nein hin. Die Zahlen zeigten einen signifikanten Zusammenhang zwischen einer aufrechten Körperhaltung oder Power-Posing und einer positiveren Selbstwahrnehmung. "Eine dominante Körperhaltung kann also zum Beispiel dazu führen, dass man sich selbstbewusster fühlt", sagt Astrid Schütz, Persönlichkeitsforscherin an der Universität Bamberg. Beim Verhalten fand das Team einen ähnlichen Zusammenhang, jedoch auch Hinweise darauf, dass dieser wahrscheinlich auch auf die Gestaltung der jeweiligen Studien zurückzuführen ist.

Testosteronspiegel rührt sich nicht

Dass bestimmte Posen die Produktion von Hormonen wie Testosteron ankurbeln könnten, ließ sich dagegen gar nicht nachweisen, obwohl ältere Studien das behauptet hatten. "Die Befunde zu den physiologischen Effekten von Power-Posing sind nicht robust, sie wurden von unabhängigen Forschungsgruppen nicht repliziert", erklärt Schütz.

Durch die Arbeit konnte das Team auch einige Schwachstellen der bisherigen Forschung ausmachen. Die meisten Studien arbeiteten beispielsweise ohne Kontrollgruppen: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten entweder eine dominante, eine offene oder eine eher unterwürfige Körperhaltung einnehmen. Kontrollgruppen gab es nur selten. "So lässt sich aber nicht mit Sicherheit sagen, woher die Unterschiede kommen und ob womöglich nur eine der beiden Posen tatsächlich einen Effekt hat", sagt Körner.

Weitere Schwachstellen

Außerdem wurden fast alle Studien bislang in westlich geprägten, hochindustrialisierten Gesellschaften durchgeführt, sodass nicht klar ist, ob sich die Befunde auf alle Kulturkreise übertragen lassen. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen und über verschiedene Altersgruppen hinweg waren dagegen vergleichsweise gering. (red, 17.5.2022)