Sinnlose Autofahrten an heißen Nachmittagen: The Black Keys liefern den aufregenden Soundtrack zu dieser Kultur der Langeweile.

Foto: Jim Herrington

Das Cover setzt bereits die Stimmung des Albums. Vielerorts scheint heute ein ansprechendes Artwork ja eine intellektuell nicht zu überwindende Hürde zu sein und erschöpft sich in Eitelkeit oder den Ergebnissen von Grafiken aus dem Anfängerkurs. The Black Keys hingegen schaffen es jedes Mal, schon mit der Ansicht eines ihrer Alben ein Versprechen abzugeben, eines, das sie stets einlösen.

Auf dem nun erschienenen Dropout Boogie sieht man das Duo in Schwarz-Weiß abgebildet, in Arbeitsklamotten stehen sie da. Dan Auerbach geht mit Ölkanne als Tankwart oder Hausmeister durch, Patrick Carney scheint in einer Burgerbude der Fritteusen-Virtuose zu sein. Die Inszenierung als nicht überbelichtete Gestalten verdeutlicht den Begriff des Dropouts deutlich, einen brauchbaren Schulabschluss haben die beiden eher nicht.

Inspiration aus dem Hinterland

Auch stammt ihre Gala nicht unbedingt aus der Gegenwart, sie verweist in die Vergangenheit. Dorthin, wo die US-Band ihre Inspiration bezieht: aus dem Hinterland, den Juke Joints der Hillbillys, dem alten Country Blues, der von dort kommt.

Erst im Vorjahr haben sie mit ihrem zehnten Studioalbum einen tiefen Knicks vor dem Fach getan: Delta Kream – ebenfalls mit einem atmosphärisch deutlichen Artwork – war eine Sammlung von Coverversionen, die die beiden in einem halben Tag eingespielt haben. Entsprechend roh und hingerotzt war das Ergebnis, aber die beiden können sich das erlauben.

The Black Keys

The Black Keys sind Big Player im US-Rock. Sie bildeten in den Nullerjahren mit den White Stripes so etwas wie die Speerspitze eines Blues- und Garagenrock-Revivals, selbst die Bandnamen vermitteln bereits Nähe, wenngleich die Beziehung zwischen den Bands nicht immer friktionsfrei war, aber das ist Schnaps von gestern. Die schwarzen Tasten sind eine Band für große Arenen.

Der Gitarrist Dan Auerbach betreibt in Nashville ziemlich erfolgreich das Label Easy Eye Records. Er veröffentlicht halb vergessene lokale Legenden aus dem Blues- und Soulfach und fördert mit Künstlerinnen wie der Sängerin Yola den Nachwuchs.

Detailverliebt dreckig

Schlagzeuger Carney ist vergleichsweise der faule Willi der Band, wobei Familienvater zu sein ja nicht nichts ist.

Dropout Boogie ist eine etwas detailverliebter Version ihrer Vision des Blues. Immer noch dreckig, doch breitenwirksamer. Der Opener Wild Child erinnert nicht allzu weit entfernt an Wild Thing von The Troggs, besitzt aber so etwas wie Glamour – was vergangene Alben wie Turn Blue vor acht Jahren schon gezeigt haben. Ist als Opener okay, aber nicht so der Burner. Das sind eher die wie mit einer Patina überzogenen Songs: zum Beispiel It Ain’t Over, wobei das auch ganz schön jault, wenn die Eier-Orgel ausgeblendet wird.

The Black Keys

Billy Gibbons von den langbärtigen ZZ Top erweist sich in Good Love als honoriger Gast, wieder ist es die Orgel, die dem Song Extra-Charme und jene Lässigkeit verleiht, die an Autofahrten an heißen Nachmittagen erinnert: heruntergelassene Fenster, nichts zu tun, miese Gegend, auf der Suche nach Zerstreuung, gerne auch destruktiv.

Im Erschaffen solcher Soundtracks sind The Black Keys Meister, da hört man ihnen immer wieder gerne zu. Egal ob die handelnden Dropouts echt oder einfach nur gut nachgestellt sind. (Karl Fluch, 18.5.2022)