Wird der Alltag zu beschwerlich, gehen Irene und Franklin in die Dunkelkammer. Dort geht ihnen ein wärmendes Licht auf.

Foto: Amazon Studios

Sissy Spacek spielt in "Night Sky" Irene York.

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J. K. Simmons spielt in "Night Sky" Franklin York.

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Irene isst wenig, Franklin vergisst viel. So ist das nun einmal, wenn man älter wird. Vieles geht langsamer oder gar nicht. Wenigstens hat man einander, wenn sonst schon nicht mehr viel ist. Bei Irene und Franklin (Sissy Spacek und J. K. Simmons) ist das so und doch eine Spur anders. Wann immer es im Alltag der beiden zu beschwerlich ist, zieht es sie an einen Ort, der Leichtigkeit verspricht.

Dieser geheime Ort befindet sich im Gartenhaus. "Wie wär's, wenn wir uns die Sterne anschauen heute Nacht?", sagt Franklin zu Irene in der Serie "Night Sky", ab 20. Mai auf Amazon Prime Video. Die Sterne sind im Keller des Hauses. Hinter einer Schiebetür öffnet sich der Blick auf eine fremde Welt, dunkel und schön. Die Nebel lichten sich, im Dämmerlicht stehen Irene und Franklin plötzlich vor dem Eintritt in eine andere Welt. Wo das ist? Keine Ahnung, nicht auf diesem Planeten. Aber schön ist es doch. Irene zieht es immer wieder in die Hütte, es ist ihr Geheimnis – niemand soll davon wissen, auch wenn sie es selbst nicht verstehen.

Ein fremder Besucher

"Nichts geschieht", sagt Franklin, der des Schauspiels mit den Jahren überdrüssig geworden ist. "Vielleicht sollten wir es jemandem erzählen." Niemals, protestiert Irene.

Aber zu spät. Der Nachbar hat seine Augen und Ohren überall und kommt den Planetenspazierern auf die Schliche. Und dann passiert plötzlich doch etwas gänzlich Unerwartetes, ein fremder Besucher wird plötzlich hereingewirbelt, und Irene und Franklin ist plötzlich gar nicht mehr langweilig.

Wächter von etwas sehr Speziellem

Von Menschen an der Schwelle zu etwas ganz anderem erzählt "Night Sky". Einige von ihnen haben diese vor sich, andere sind schon drüber. Wächter einer weiteren unbekannten Zone sind auch anderswo zugegen. Während Irene und Franklin ihrem unerwarteten Gast helfen, sich an seine neue Umgebung zu gewöhnen, tut sich südlich ein weiteres Problemfeld auf. Mit nicht minder rätselhaften Ereignissen und Menschen sind Stella (Julieta Zylberberg) und ihre Toni (Rocío Hernández) konfrontiert. Für Letztere geht es ums Erwachsenwerden, was auch ganz schön furchterregend sein kann.

"Night Sky" ist eine poetische Parabel auf das Alter, das Angst vor und Sehnsucht nach dem Tod gleichermaßen bedeutet. Wenngleich es zumindest in den sechs Folgen, die DER STANDARD vorab sah, etwas an Bodenhaftung fehlt – Spacek und Simmons beim Schweben zuzuschauen ist einfach hinreißend. (Doris Priesching, 19.5.2022)